21.05.2018 - 09:38 Uhr

Vox Luminis – und es ward Licht!

Das belgische Ensemble Vox Luminis unter Lionel Meunier präsentierte in St. Emmeram die fünf großen, zweifelsfrei von Bach komponierten Motetten und zwei Sinfonias aus den Kantaten BWV 42 und 249.

Ohne großes Gebrause, Wind und pfingstliche Feuerzungen gerät der Auftritt zu einer von charismatischer Spiritualität erfüllten Sternstunde!

Ohne großes Gebrause, Wind und pfingstliche Feuerzungen gerät der Auftritt zu einer von charismatischer Spiritualität erfüllten Sternstunde.

Die Bach-Motetten mit ihren extremen stimmlichen Anforderungen, ihre dicht verzahnten Polyphonie mit bis zu acht Stimmen stellen den Gipfel ihrer Gattung dar. Da bei zweien auch Instrumentalstimmen colla parte mit den Singstimmen überliefert sind, liegt eine Ausführung mit Generalbass und Instrumenten nahe. Vox Luminis stellt dem einen Chor Streicher, dem anderen Oboen, Taille und Fagott zur Seite, die fünfstimmige Motette „Jesu meine Freunde“ BWV 227 musiziert man nur mit Generalbass. Die Instrumentalisten erweisen sich als Meister der Begleitkunst, farbgebend, abrundend, im Forte stärkend, nie auch nur im Ansatz zu laut, nie die exemplarische Textverständlichkeit trübend.

Vox Luminis singt alle Motetten in solistischer Besetzung, der Alt ist dank der Countertenöre zu einer „hohen“ Stimme geadelt. Was diese acht perfekten Barockgesang-Spezialisten unter dezenter Impulsgebung des Chefs und Basses Lionel Meunier abliefern, sucht weltweit seinesgleichen. Das Publikum hört in St. Emmeram lichtklare, mit allen Finessen der Rhetorik vertraute Vokalisten, mit perfektem Stimmsitz in allen Lebenslagen, mit „gar geläufigen Gurgeln“ (wie es Bach formulierte). Makel- und mühelos absolvieren sie die heiklen Sprünge, die extremen Register, die windesschnellen Melismen und das alles fern jeder Erdenschwere oder schweiß-getränkter, schwüler Glaubens-Inbrunst. Die in bestem Teamgeist durchgehörte, kristallklare Vokalpolyphonie grenzt an ein Wunder, in reinstem Glanz strahlen die Schlussakkorde.

Dabei setzen die Künstler auf Natürlichkeit, vertrauen auf die Kraft der Bach’schen Satzkünste bei den homophonen Chorälen, ohne diese durch publikumswirksam aufgesetzte Textdeutung unnötig aufzuplustern, statt dessen klingen sie rhythmisch wie befreit aus dem Gefängnisgittern der Taktstriche. Überirdisch-himmlische Jubelgesänge in „Singet dem Herrn ein neues Lied“ (BWV 225). Wie vom Spirito Sancto durchpulst „Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf“ (BWV 226). Ernst und seelsorgerisch aufrichtende Heilserwartung in „Jesu meine Freude“ (BWV 227), weder weinerliches Lamentieren noch showträchtige Klangmalerei, wenn es „kracht und blitzt“ oder man dem „alten Drachen trotzt“. Fürsorgliche geistliche Autorität, wenn Gott spricht in „Fürchte dich nicht, ich bin bei dir!“ (BWV 228). Von ergreifender Innigkeit, wieder frei von jeglicher schwülstiger Larmoyanz „Komm, Jesu, komm“ (BWV 229). Die Instrumentalisten zeigen zwischendrin bei den Sinfonien ihre solistischen Qualitäten, allen voran der fabelhafte Oboist Jasu Moisio. Am Schluss doch noch „Brausen“, hingerissener Applaus. BR Klassik sendet den Mitschnitt am Freitag, 6. Juli (18.05 Uhr).

Näher, mein Bach, zu Dir!

Bach, auf Dich traue ich!

 
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