Amberg der 1920er Jahre: Juden beim Fußball unerwünscht

Amberg
13.11.2019 - 16:06 Uhr

Die Nationalsozialisten machten auch vor dem Sport nicht halt: Unternehmer Ernst Bloch, Offizier im Ersten Weltkrieg, wurde in den 1920er Jahren als Vorsitzender des Amberger Fußballvereins abgewählt – weil er Jude war.

Die sogenannten Stolpersteine erinnern an diejenigen Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Insgesamt 70 000 solcher Steine gibt's in Deutschland und in 23 weiteren europäischen Ländern. Dieser hier ist vor dem Haus in der Schlachthausstraße 12 verlegt, in dem Rosa und Ernst Bloch lebten.
Wilhelm Bloch erlebte als Jugendlicher, wie sein Vater Ernst von den Nazis als Vorstand des Fußballvereins Amberg aus dem Amt gebracht wurde.

Bloch engagierte sich im Vereinsleben, im sozialen Wohnungsbau, er war Mitglied des Wohlfahrtsausschusses der Stadt und stieg in die Firma seines Onkels Markus Altmann schon als junger Mann ein. Da Ernst Bloch auch dem Fußballsport sehr verbunden war, wählten ihn die Mitglieder des Fußballvereins Amberg (AFV) Anfang der 1920er Jahre zum Vorstand. Er, Mitglied der SPD, stellte dem Fußballverein kostenlos seinen Lastwagen zur Verfügung - wofür genau, das weiß man heute nicht, erklärt Kreisheimatpfleger Dieter Dörner.

"Dummer deutscher Arbeiter"

Bereits 1923 war Bloch in das Visier der gerade in Amberg gegründeten NSDAP geraten. "O du dummer deutscher Arbeiter, wie lässt du dich einseifen und machst das Kanonenfutter dieser Juden!", war auch im Amberger Tagblatt zu lesen, welches damals von einem antisemitisch geprägten Redakteur geleitet wurde. Dörner vermutet, dass die Nazis glaubten, Bloch wolle sich bei den Fußballern "einschleimen". Um dies zu verhindern, traten so viele Nazis dem Fußballverein bei, dass sie Bloch legal abwählen konnten. Ernst Bloch hatte auf dem Geländes des Schlosses in Haselmühl ein Werk für Baubeschläge mit rund 120 Beschäftigten betrieben. 1929 musste er im Zuge der Weltwirtschaftskrise Konkurs anmelden.

Überhaupt waren die Nazis in Amberg in diesen Bereichen sehr aktiv, denn jüdische Vereinsmitglieder waren von diesem totalitären System nicht gewollt. Der damalige Oberbürgermeister Joseph Filbig machte sich diesbezüglich einen besonders schlechten Namen, denn er hatte die Vereinsausschlüsse jüdischer Mitglieder intensiv und persönlich vorangetrieben - und 1935 sein Ziel auch erreicht.

"Jude Bloch, wie lange noch?"

Denn zu dieser Zeit waren am Fußballplatz, am Haidweiher, im Hockermühlbad Schilder aufgestellt worden: "Juden ist das Betreten verboten". Wilhelm Bloch, Sohn von Ernst, hatte mit seinem Bruder Bruno im Haidweiher gebadet. Daraufhin hing im Schaukasten des Braunen Hauses (ehemals Pfalzer Hof) ein Plakat "Jude Bloch, wie lange noch?"

Während Bruno Bloch, Bruder von Wilhelm, bereits im Schuljahr 1934/35 die Oberrealschule wegen antisemitischer Aktivitäten eines Lehrers verlassen hatte, berichtete Arthur Rath, bis 1937 Schüler des Humanistischen Gymnasiums Gegenteiliges. Obwohl seine Mitschüler der Hitlerjugend angehörten, störten sich keiner daran, wenn er am Fußballplatz Fußball spielte oder im Hockermühlbad badete. Es waren höchst widersprüchliche Zeiten.

Ernst Bloch wurde 1890 in Mesholz (CSR) geboren, heiratete 1913 in Prag seine Rosa, und das Paar zog im gleichen Jahr zu seinem Onkel Markus Altmann in die Obere Nabburger Straße 5 nach Amberg. Die Ehe war mit den Kindern Wilhelm (geboren 1914) und Bruno (1920) gesegnet, doch schon bald musste die junge Familie mit den Anfeindungen durch die Nazis leben, die ihr Leben nachhaltig negativ veränderten.

Nach Argentinien ausgewandert

Während Wilhelm Bloch 1939 die Flucht mit seiner Auswanderung nach Argentinien gelang, blieb das Ernst und Rosa Bloch verwehrt. Über Verhaftungen deportierte das unmenschliche Regime die Eheleute in Ghettos und Konzentrationslager, wo sie ebenso wie ihr zweiter Sohn Bruno noch vor Ende des zweiten Weltkriegs ihr Leben ließen. Wilhelm Bloch schaffte den Weg über England nach Argentinien, wo er 1979 verstarb, nicht ohne seine Heimat in Amberg immer wieder einmal besucht zu haben.

Info:

Hintergrund

Dieter Dörner, seit gut 15 Jahren als Kreisheimatpfleger aktiv, Autor der Bücher "Juden in Amberg- Juden in Bayern" (vergriffen) und "Juden in Amberg - Niedergang und Neuanfang" war bereits als Jugendlicher mit jüdischem Leben konfrontiert worden. Er bekam durch eine im Konzentrationslager Theresienstadt inhaftierten Freundin seiner Mutter einstiges Geschehen vor Ort dokumentiert. Als Schüler, wieder ein Zufall, verdiente er sein Taschengeld in einer Anwaltskanzlei mit ausschließlich jüdischer Klientel. Dort lernte er hunderte Schicksale und dutzende Juden kennen. So wurde die Idee wurde geboren, das Schicksal der jüdischen Gemeinde in Amberg aufzuarbeiten.

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