Amberg
14.11.2018 - 14:38 Uhr

Ein Freiwilliges Soziales Jahr im Sport

Was tun, wenn die schulische Laufbahn beendet oder ein Studienplatz zum nächsten Semester nicht zu bekommen ist? Anna Vogl hat eine Antwort auf diese Frage und das Problem elegant gelöst.

Anna Vogl und Trainer Michael Held vom TSV Theuern. Bild: Ziegler
Anna Vogl und Trainer Michael Held vom TSV Theuern.

Die Mittelfeldspielerin der Landesliga-Fußballmannschaft des TSV Theuern (Vilspanther), wählte das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ). Vielen wird der soziale oder kulturelle Bereich dieses Freiwilligendienstes geläufig sein. Weit weniger bekannt ist, dass es auch den Bereich Sport gibt.

Fußball ist Annas Leben, seit sie mit sechs Jahren beim 1. FC Schlicht in die Fußballschuhe schlüpfte. Mit den Schuhen wuchsen auch die Erfolge. 2015 wechselte sie zur JFG Mittlere Vils Kümmersbruck 08. Drei Jahre lang, zwei in der C-Jugend und eines in der B-Jugend, spielte sie mit Sondergenehmigung und Zweitspielberechtigung erfolgreich bei einem reinen Jungenteam der JFG Obere Vils in der Kreisliga. Mit den Mädchen der Mittleren Vils kickte sie auch schon mal gegen die zweite Mannschaft des FC Bayern München. Das war in der Bayernliga. "Da waren ordentlich Zuschauer", erinnert sie sich noch gern an diesen Ausflug an die Isar. Nahtlos schaffte sie es auch ins erste der drei Damenteams des 1000-Seelen-Ortes Theuern. Als dann der TSV Theuern um den findigen Vorsitzenden Christian Schrott ihr die Möglichkeit bot, ein Jahr lang dieses Freiwillige Soziale Jahr bei ihrem Verein zu leisten, musste die 18-Jährige nicht lange überlegen und fing am 27. August an.

"Nach dem Studium, ich plane Sportwissenschaften, ist es von Vorteil, wenn man praktische Erfahrungen vorweisen kann", zählt Anna Vogl einen weiteren Pluspunkt auf. Derzeit gibt es beim Bayerischen Landessportverband BLSV rund 500 FSJler. Davon ballen sich allerdings 350 in den Großräumen München und Nürnberg. Der Rest verteilt sich über ganz Bayern. "Beim Einsteigerseminar unlängst in Bad Kötzting war ich die Einzige vom Lande", berichtet die Absolventin des Amberger Gregor-Mendel-Gymnasiums. Und in der Tat ist es eher selten, dass ein Kreisklasseverein sich einen FSJler leistet, obwohl jeder Verein theoretisch die Möglichkeit hat (siehe Hintergrund). "Es wird immer schwieriger, Betreuer für die Junioren- und Kinderteams zu finden. Wer mit der Mädchenmannschaft quer durch Nordbayern fährt, macht es kaum noch umsonst", erklärt Schrott. Arbeit gibt es beim TSV genug bei acht Mädchen-, Frauen- und neun Jungen- und Männermannschaften.

Die Vormittage sind angefüllt mit Verwaltungsarbeit. Pressearbeit, Unfallmeldungen, Erstellen von Monatstrainingsplänen, Zusammenstellen eines Fotobuchs aus Tausenden von Vereinsfotos und die neue DSGVO, die Datenschutz-Grundverordnung, die im Verein umgesetzt sein will. "Seit Mai muss für einen Spielbericht von den Eltern eine Genehmigung eingeholt werden", beschreibt Schrott den zusätzlichen Aufwand.

Für den TSV Theuern bot sich die Möglichkeit der teilweisen Refinanzierung über eine Betreuung in der Wirtschaftsschule. Hier profitieren durch den Kooperationsvertrag alle Seiten. Für Anna Vogl ist es nicht nur die praktische Erfahrung, die auf der Plus-Seite steht. Das Freiwillige Soziale Jahr sieht mindestens 25 Bildungstage vor. Anna nutzt sie, indem sie den C-Lizenz-Trainerschein macht. Der wiederum beinhaltet den Schiedsrichterschein. "Im November und Dezember sind die Kurse und im Januar die Prüfungen", erklärt sie. Der Schule kommt diese externe Bildungsmaßnahme zu Gute, weil Betreuer ohne diese Qualifikation maximal einen Schaumstoffball dem Schüler in die Hände geben dürfen. Anna Vogl darf die nachmittägliche Freizeit der Schüler nutzen, um in der Turnhalle und Fußball oder andere Sporteinheiten zu leiten.

Der 18-Jährigen wird dieses Jahr in jedem Fall nachhaltig in Erinnerung bleiben. Pädagogische Grundregeln, gruppendynamisches Verhalten, Motivationstechniken, Leitungsaufgaben aber auch Organisatorisches und die Umsetzung von Theorie in Praxis werden Schülern nach Erwerb ihres Schulabschlusses sonst kaum an die Hand gegeben. Der Weg zum FSJ ist für jeden offen - unabhängig von seinem Bildungsniveau.

Ein Jahr mit 6 bis 18 Monaten:

Die Freiwilligendienste im Sport sind ein Bildungs- und Orientierungsjahr, das pädagogisch begleitet wird und Erfahrungsräume für Freiwillige eröffnet. Der Erwerb persönlicher Kompetenzen und sportlicher Lizenzen sowie Berufs- und Engagementorientierung stehen im Mittelpunkt, so die Definition für ein Freiwilliges Soziales Jahr, kurz FSJ genannt.

Die FSJler erhalten von dem Verein, bei dem sie arbeiten, 300 Euro Taschengeld im Monat. Der Verein hat die Möglichkeit der Refinanzierung, um diese Kosten zu stemmen. Zum Beispiel Vereinsbeiträge anheben (ein Euro pro Monat), Erlöse aus Veranstaltungen (Sportturniere, Vereinsfeste, neue Kursangebote), Kooperationen (mit umliegenden Sportvereinen, Schulen und Kindergärten, kommunale Partner), öffentliche Zuschüsse (Vereinspauschalen), Zuschüsse von Kommunen oder durch Spenden und Sponsoring. Die Dauer eines FSJ muss nicht zwingend 12 Monate dauern sondern kann zwischen 6 und 18 Monaten gewählt werden. Bewerben kann sich jeder zwischen 16 und dem vollendeten 26. Lebensjahr. Die Eltern bekommen weiter das Kindergeld gezahlt. Bewerbungen können mit Beginn eines jeden neuen Jahres gestartet werden. Die Aufgabenfelder sind:

Organisation und Durchführung von Trainingseinheiten, Betreuung bei Wettkämpfen und Turnieren

Betreuung und Sportangebote bei Kooperationspartnern wie Schulen und Kindergärten

Projektarbeit, Trainingslager, Veranstaltungen

Unterstützung, organisatorische Mithilfe unter anderem in der Geschäftsstelle, Öffentlichkeitsarbeit, ökologische Arbeit im Verein (Sport in der Natur)

Integrationsarbeit, Sport mit Flüchtlingen

Mehr Infos

Der Wochenplan:

Der Wochenplan von Anna Vogl unter Berücksichtigung, dass die praktische Arbeit mit Kindern und Junioren ungefähr 20 Stunden in der Woche ausmachen soll, liest sich wie folgt:

Dienstag: Nachmittags drei Stunden Betreuung von Schülern der Wirtschaftsschule. Dies beinhaltet unter anderem mit den Kindern zur OTH zu gehen, damit die Schüler dort ihr Essen einnehmen können; Hausaufgabenbetreuung, Spielen in Gruppen. Am Abend zwei Stunden Training mit den B-Juniorinnen des TSV Theuern (Landesliga Nord); Anna Vogl ist Co-Trainerin

Mittwoch: Nachmittag drei Stunden Betreuung an der Wirtschaftsschule. Am Abend eine Stunde Breitensport mit Kindern und Jugendlichen (10 bis 12 Mädchen)

Donnerstag: Am Abend zwei Stunden Training mit den B-Juniorinnen des TSV Theuern

Freitag: Am Abend eine Stunde Fußball mit den Bambini des TSV Theuern

Samstag/Sonntag: Rund fünf Stunden Begleitung der B-Juniorinnen bei ihren Spielen

 
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