Ausgerechnet an seinem letzten "Arbeitstag" hat Ludwig Schreml eine neue Erfahrung gemacht. Nämlich jene, dass Umkleidekabinen für Schiedsrichter aufgrund ihrer räumlichen Enge für die unkomplizierte Zwischenablage von Geschenkkörben und Biertragerln eher ungeeignet sind. "Es ist ganz schön eng geworden mit den vielen Präsenten. Aber die Schiedsrichter vom nachfolgenden Kreisligaspiel sind halt zusammengerückt", erzählt Ludwig Schreml. "Das hat dann schon noch gepasst."
Gepasst hat am vergangenen Sonntag – wie so oft in den vergangenen sechs Jahrzehnten – natürlich auch seine Leistung. In seinen letzten 90 Minuten als Unparteiischer hatte der 85-Jährige so gut wie keine Mühe mit der Leitung des A-Klassenspiels zwischen der DJK Weiden II und der SG SV Sorghof/FV Vilseck II. Als in Halbzeit zwei kurzzeitig die Wortgefechte zwischen beiden Mannschaften zunahmen, sorgte der erfahrene Referee aus Eschenbach schnell für Ordnung. "Da wurde das Stänkern ein bisschen zu viel", berichtet Schreml. "Da habe ich einmal Gelb gezeigt, dann war gleich wieder Ruhe."
Um einiges aufregender ging es für das Schiedsrichter-Urgestein bereits vor dem Anpfiff zu. Die Führungscrew der Schiedsrichtergruppe Weiden war, mit Obmann Willi Hirsch an der Spitze, in voller Mannschaftsstärke angerückt. Zudem hatten sich mit Bezirksvorsitzendem Thomas Graml und Kreisspielleiter Albert Kellner ranghohe Funktionäre am Weidener Flutkanal eingefunden. Am Anstoßkreis galt es einen Mann zu ehren, der als Schiedsrichter nicht nur mehrere Generationen von Fußballern kommen und gehen sah, sondern auch auf eine ganz besondere Zahl stolz sein kann. In einem Büchlein hat Schreml alle seine Spiele vermerkt, Stand heute stehen rekordverdächtige 8240 Einsätze zu Buche.
"Was du geleistet hat, ist etwas Großartiges. Nicht nur hier im Kreis und Bezirk, sondern in ganz Bayern und wahrscheinlich deutschlandweit", lobte Hirsch seinen langjährigen Mitstreiter. Die Spieler beider Mannschaften sahen dies genauso. Nach dem Schlusspfiff bildeten sie ein Spalier und applaudierten dem Schiri-Unikat auf seinem letzten Weg in die Kabine.
Dass der "Schreml Luk" nicht mehr pfeifen will, hatte sich zuletzt in einschlägigen Fußballerkreisen herumgesprochen. "Komm, mach doch weiter", diesen Spruch hatte der Betroffene in den vergangenen Wochen immer wieder gehört. Aber irgendwann, so sagt der hochangesehene Senior, müsse Schluss sein: "Ich will mir bei Fehlentscheidungen nicht anhören müssen, dass ich eigentlich schon lange hätte aufhören sollen." Auf die Frage, was einen guten Schiedsrichter ausmacht, nennt Schreml zwei Eigenschaften: "Talent und Einfühlungsvermögen. Ich bin nie arrogant aufgetreten und mit der weichen Welle immer gut gefahren."
In ein tiefes Loch wird der fitte 85-Jährige trotz des Fußball-Entzugs nicht fallen. Seine ehrenamtliche Tätigkeit als Amtsbote der Stadt Eschenbach füllt ihn ebenso aus wie die regelmäßigen Schafkopfrunden mit Freunden. Zudem hat er nun die notwendige Zeit, sich verstärkt seiner gesundheitlich angeschlagenen Gattin zu widmen: "Das war der wichtigste Grund, wieso ich aufhöre."
Zur Person: Ludwig Schreml
- 85 Jahre jung, wohnhaft in Eschenbach
- seit 60 Jahren Fußball-Schiedsrichter
- 8240 Spiele geleitet
- Höchste Ligen: 4 Jahre Landesliga, 21 Jahre auf Bezirksebene
- 28 Jahre lang Beisitzer und Jugend-Einteiler in der Gruppe Weiden
- ehrenamtlicher Amtsbote der Stadt Eschenbach
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