München
08.01.2024 - 19:21 Uhr

Meinung: Des "Kaisers" großer Glanz und die Kehrseite

Franz Beckenbauer ist tot. Der "Kaiser" war der bekannteste deutsche Fußballer und das Gesicht des FC Bayern München. Ein Mensch nicht ohne Fehler, aber trotz großer Erfolge ein normal gebliebener Mensch, meint unser Redakteur Josef Maier.

Kommentar von Josef Maier
Franz Beckenbauer ist am Sonntag im Alter von 78 Jahren verstorben. Archivbild: Malte Christians/dpa
Franz Beckenbauer ist am Sonntag im Alter von 78 Jahren verstorben.

Die „Lichtgestalt“ ist erloschen. Franz Beckenbauer ist tot. Irgendwie ist dieser Satz nicht zu glauben. Der „Kaiser“ schien unsterblich. Franz Beckenbauer hatte etwas, was nicht viele Menschen haben. Es war aber nicht nur diese Leichtigkeit, mit der der Libero den Ball mit dem Außenrist zum Mitspieler streichelte oder die Kugel auch schon mal vom Weizenglas aus in der Torwand versenkte. Er hatte diese Aura, die alle einnimmt, mitreißt und auch fasziniert. Diese Leichtigkeit, diese Lockerheit, die man einem Deutschen fast nicht zutraut.

Er war ein Revoluzzer, der einfach nach New York abhaute, und er war ein harter Arbeiter, der die sicherlich nicht talentierteste Mannschaft des Turniers 1990 in Rom zum Weltmeister-Team formte. Er war immer gefragt, und er war oft die Lösung. Beckenbauer sagte zeitlebens, dass er ein Glückskind sei, aber er ließ sich das nie raushängen. In Erinnerung bleibt da eine persönliche Begegnung mit ihm. Es muss Ende der 1990er Jahre in Arzberg gewesen sein. Dort wurde eine Erweiterung der Wurstfabrik seines Förderers Rudi Houdek eingeweiht. Natürlich war der Franz da. Interviewanfragen vorab gab es da noch nicht. Also bin ich einfach mal für den „Neuen Tag“ dort hin. Der „Kaiser“ war völlig unkompliziert. „Natürlich mach’ mer das. Was willst denn wissen?“ Es wurde ein nettes und auch überraschend lockeres Interview.

Franz Beckenbauer hatte alles zur Genüge: Titel, Pokale, Medaillen, Geld, Ansehen, ja auch Frauen, werden jetzt einige schmunzelnd sagen. Doch selbst eheliche Fehltritte lächelte er mit einem „Der liebe Gott freut sich über jedes Kind“ weg. Aber natürlich wusste Beckenbauer schon zu Lebzeiten, dass es völliger Blödsinn war zu behaupten, die WM 2006 quasi ehrenamtlich nach Deutschland geholt und auch noch selbst organisiert zu haben. Zudem ist die Sommermärchen-Affäre mit Millionentransaktionen in alle Welt bis heute nicht richtig aufgeklärt.

Natürlich lauerten auch auf den „Kaiser“ Verlockungen. Aber es ist gerade jetzt nicht die Zeit, in Dingen rumzustochern, die nicht okay abgelaufen sein könnten. Es ist die Zeit, einen Mann zu ehren, der mehr als alle anderen für den deutschen Fußball getan hat. Auf dem Platz und noch viel mehr daneben. Das Siegel „Der Kaiser“ wird immer eine deutsche Qualitätsmarke bleiben.

Er, der keine Grätsche brauchte, um den Gegner zu stoppen. Er, der nur ein Augenzwinkern brauchte, um so manch’ Situation zu entkrampfen, ist tot. Und doch wird des „Kaisers“ Vermächtnis noch lange leuchten.

 
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