In der 90. Minute wurden dann die alten Kumpels doch noch zu Gegnern. Bayern-Trainer Vincent Kompany wechselte Nicolas Jackson, die Leihgabe vom FC Chelsea, noch ein. Dann war der Senegalese wenigstens schon auf dem Platz, um wenige Minuten später, nach dem Abpfiff, mit seinen früheren Kollegen plaudern und ein paar Späßchen machen zu können. Wochenlang machte er Schlagzeilen mit seinem zähem Wechsel, am Mittwoch war er Randfigur.
Mit 3:1 (2:1) besiegte der FC Bayern am Mittwochabend den FC Chelsea am ersten Spieltag der Fußball-Champions-League und es war schon vorher klar, dass Jackson da keine große Rolle spielen würde. Er habe schon überlegt, ihn früher einzuwechseln. "Aber durch die Verletzung von Stani fehlte uns ein Wechselfenster", erklärte der Coach. Josip Stanisic musste Anfang der zweiten Hälfte verletzt raus. Die Wechselstrategie des Trainers war durcheinandergebracht. "Ich kann ja nicht schon in der 75. Minute den letzten Mann bringen." Und so musste Jackson bis zur letzten Minute warten.
Kanes harte Arbeit
Die Hauptrollen hatten ohnehin wieder andere. Klar, dass Harry Kane da dabei war. "Was soll ich noch sagen", suchte Kompany nach Worten, als er von englischen Reportern ständig auf Kane angesprochen wurde. Eigentlich ist ja über den Kapitän der englischen Nationalmannschaft in bayerischen Diensten schon alles gesagt und geschrieben. Kompany versuchte noch einen Aspekt zu finden: "Schaut euch doch mal seine Arbeit ohne Ball an, schaut euch an, wie er die Bälle erobert", sagte der Coach. Und dann kam der Belgier zu dem Schluss: "Wir können viel über Qualität und Talent reden, am Ende ist es harte Arbeit."
Kane werkelte wieder am ganzen Platz. Und erledigte seine Hauptaufgabe perfekt. Elfmeter rausgeholt, Elfmeter verwandelt – 2:1 (27.). Fehler in der Gäste-Abwehr entdeckt, Fehler ausgenutzt – 3:1 (63.). "Der Ball kam in einem guten Moment zu mir und ich habe gut abgeschlossen", beschrieb er das letzte Tor. So einfach ist das also. Am Ende jubelte aber auch der Doppel-Packer richtig: "Ich bin ziemlich begeistert." Siege gegen Klubs aus dem Heimatland machen besonders Spaß. Zumal es ja auch noch der Klub-Weltmeister war, gegen den die Bayern vor Wochen beim Wettbewerb in den USA noch verloren hatten. Bis auf eine Personalie sah die Elf der Londoner in München genauso aus, wie die, die Mitte Juli im Finale von New York Paris St. Germain mit 3:0 vom Platz gefegt hatte.
Für die Bayern ging es am Mittwoch nicht nur um einen guten Start in die Königsklassen-Saison. Sie wollten auch etwas austesten. Reicht's für Europas Spitze? "Wir haben sie hier zuhause niedergerungen". ordnete Manuel Neuer den Sieg schon mal in diese Richtung ein. Der Keeper sah im Erfolg gegen die Londoner aus dem feinen Stadtteil Chelsea einen Statement-Sieg. Der 39-Jährige neigt jetzt aber in dieser Saisonphase noch nicht zu großer Euphorie: Erst einmal gelte es in der Vorrundentabelle unter den Top acht zu sein.
Wie lange fehlt Stanisic?
Schmerzlich – im wahrsten Sinne des Wortes – wurde den Münchenern an diesem Abend auch wieder bewusst, welch' dünnen Kader sie haben. Als eben Stanisic kurz nach der Pause mit einer Knieverletzung raus musste, begann das große Bibbern. Fällt er länger aus? Auf jeden Fall hat sich der Kroate "eine Teilverletzung des Innenbands am rechten Knie" zugezogen. Hört sich nicht gut an. Sacha Boey kam für ihn und lieferte dieses Mal eine passable Partie ab. Ein Ausfall von Stanisic wäre dennoch für die Defensive eine Katastrophe.
In der Offensive zaubert derweil Michael Olise weiter, war auf der rechten Seite weitaus stärker unterwegs als Luiz Diaz, sein Pendant auf links. "Ein Topspieler macht nicht nur ein gutes Jahr, sondern zehn gute Jahre", bremste Kompany etwas die Euphorie über den jungen Franzosen, der mit einem Dribbling und einer scharfen Flanke das 1:0 (20.), ein Eigentor von Trevoh Chalobah, vorbereitet hatte. Auch nach dem 1:2 (29.) durch Cole Palmer war es Olise, der mit Kane wieder anschob. Deswegen sagte Kompany auch: "Michael ist auf einem sehr, sehr guten Weg."
Dieser Olise ist neben Kane der Fixpunkt in der Offensive. Nicolas Jackson wird es da sehr schwer haben. Die Wertigkeit im Bayern-Ranking war auch nach dem Spiel zu sehen. Jackson konnte locker im Mittelkreis mit seinen alten Chelsea-Kollegen plaudern. Kane schleppte derweil seine Trophäe als "Spieler des Spiels" nach der Partie von Fernsehstation zu Fernsehstation. Aber was sollte er noch sagen. Ist ja schon alles gesagt.
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