Es ist ein trauriger Tag für den Amateur-Spitzenfußball in Ostbayern: Am Montag hat der SV Neukirchen beim Heiligen Blut dem Spielleiter der Landesliga Mitte, Dominik Fraunholz vom Bayerischen Fußball-Verband (BFV), mitgeteilt, dass der Verein seine erste Herren-Mannschaft aus dem Spielbetrieb zurückzieht und zur Saison 2023/24 nicht antritt. Damit endet das vor zehn Jahre begonnene Fußball-Märchen in einem Super-GAU, denn in zweieinhalb Wochen, am ersten Spieltag, wollte der Verein mit dem Heimspiel und Derby im Landkreis Cham gegen die SpVgg Lam sein 100. Vereinsjubiläum feiern. Nun scheint es so, dass es in der rund 3650 Einwohner zählenden Marktgemeinde im Wallfahrtsort keinen Herrenfußball mehr gibt.
Besonders bitter ist dieser Rückzug auch für den FC Amberg. In der Relegation unterlag die Mannschaft von Karl-Heinz Wagner dem SV Hahnbach und musste in die Bezirksliga absteigen. Wenn Neukirchen seinen Rückzug nur wenige Wochen früher vermeldet hätte, dann wäre der SV automatisch ans Ende der Landesliga-Tabelle gesetzt worden, und alle anderen Teams wären einen Platz nach oben gerutscht. Der FC Amberg wäre so in der Landesliga geblieben. Doch alles hätte, wäre, wenn und aber nützt nun nichts mehr, künftig werden weder der FC Amberg noch der SV Neukirchen in der Landesliga vertreten sein.
Es ist im Grunde ein unvorstellbares Szenario, dass ein Traditionsklub wie Neukirchen ausgerechnet im 100. Jahr seines Bestehens sein Aushängeschild abmelden muss. Vor zehn Jahren begann im Wallfahrtsort eine neue Zeitrechnung. Unter Macher Christopher Gierstl (37) gab es einen Aufschwung, es wurden viele ehemalige Spieler, die bei anderen Vereinen aktiv waren, zurückgeholt. Dazu ein paar überdurchschnittliche Spieler aus dem Nachbarland Tschechien, und es lief sportlich. Doch schon damals fragten sich nicht nur im Landkreis Cham viele Fußballinteressierte, wie das alles finanziert wird. Eine Antwort darauf gab es bis heute nicht.
2014 folgte der Aufstieg in die Bezirksliga mit zwei Vizemeisterschaften 2015 und 2016. Der 4. Juni 2016 ist in der Vereinschronik markiert, da gelang in der Relegation gegen den FC Amberg II der erstmalige Aufstieg in die Landesliga, der größte Erfolg in der Klubhistorie. In den Folgejahren, es sollten sieben werden, etablierte sich der Klub aus dem Wallfahrtsort in der Landesliga, erreichte mit Rang vier 2022 seine beste Platzierung. Siege über die großen Nachbarn 1. FC Bad Kötzting und ASV Cham bleiben in Erinnerung – mehr aber auch nicht. Zuletzt gingen die Zuschauerzahlen von einst 500 unter 100 in den Keller, weil sich keiner mehr mit dem Team aus Legionären identifizieren konnte.
Denn die Einheimischen im Kader wurden immer weniger, es gab schon vor Jahren eine Abwanderungswelle der eigenen Kicker. So wuchs die Anzahl der Fremdspieler überdimensional, die zweite Riege musste mangels Spielern abgemeldet werden, und die Nachwuchsarbeit, die eigentlich eigene Talente nach oben befördern sollte, wurde schwer vernachlässigt. So war es eine Frage der Zeit, wann es zum Knall im Hohenbogenwinkel kommen wird. Spieler aus Brasilien, Burkina Faso, also aus aller Herren Länder, streiften sich das Trikot der “Rosenkranzler” über – das natürlich nicht kostenlos.
"Obwohl der SV Neukirchen b. Hl. Blut eine grundsolide Saison mit Platz acht in der Landesliga Mitte gespielt hat, sehen sich die Verantwortlichen nicht mehr in der Lage, eine Mannschaft auf diesem Niveau für die Saison 2023/24 ins Rennen zu schicken”, heißt es in der Pressemitteilung des Vereins. Grund für den Rückzug sei, dass Spieler ihre Zusage für die kommende Spielzeit zurückgezogen hätten. "In der Kürze der Zeit ist es nicht möglich, einen Landesliga-tauglichen Kader auf die Beine zu stellen”, heißt es weiter.
Für die Landesliga Mitte, in der auch die SpVgg SV Weiden und Aufsteiger SC Luhe-Wildenau vertreten sind, bedeutet dies: "Wir werden mit nur 17 Teams an den Start gehen müssen, eine Mannschaft ist also immer spielfrei", sagt Ligaleiter Fraunholz. Das bedeutet, dass sich die Zahl der Direktabsteiger von zwei auf einen verringert. "Der Rückzug von Neukirchen ist sehr schade. In den letzten Wochen gab es schon Gerüchte, der Verein hat sich dann im Juni schon mal an mich gewandt und mich vorgewarnt”, so Fraunholz.
Der Rückzug hatte sich angedeutet, denn nach dem Winter konnten die “Rosenkranzler” nach Abgängen gerade noch so eine Mannschaft stellen, und Trainer Franz Koller (ehemals SpVgg SV Weiden, DJK Gebenbach) war mehrmals ratlos und musste im Spiel gegen Meister Fortuna Regensburg Spieler aus der Spielgemeinschaft mit Stachesried, die kicken in der B-Klasse, aufbieten. Mit zehn sieglosen Partien bei zwei Unentschieden endete die letzte Landesliga-Saison für Neukirchen. Coach Koller (als Sportlicher Leiter zum SV Donaustauf) hatte seinen Abschied zum Saisonende längst angekündigt, ein Nachfolger wurde nie präsentiert und auch keine Testspiele vereinbart. Jetzt weiß man, aus welchem Grund.
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