Nach den Spielen schicken die Verantwortlichen des 1. FC Nürnberg meist zwei, drei Spieler in den Pressebereich, um Fragen zu beantworten. Am Samstag waren zwei Defensivspieler da: Jannes Horn und Enrico Valentini. Die Auswahl war irgendwie logisch, denn die beiden waren in der Partie voll gefordert. Offensivkräfte hätten nichts zu sagen gehabt, denn ein Spiel nach vorne gab es beim Club quasi nicht. „Unser Spiel mit Ball hat heute nicht stattgefunden“, war die niederschmetternde Analyse von Club-Trainer Cristian Fiel.
Mit 0:2 (0:1) hatte der FCN zuvor gegen den Zweitliga-Spitzenreiter St. Pauli Hamburg verloren. Hört sich einigermaßen nach Augenhöhe an. War es aber beileibe nicht. Es war ein Klassenunterschied. Der Club hatte in den 90 Minuten nur eine Torchance durch Jens Castrop (49.). Um die Dominanz zu unterstreichen, brauchte es auch keine großen Statistiken. Da reichte Fiels Sichtweise: „Wir haben heute auch nahezu jedes Duell verloren.“
Völlig enttäuschter Klaus
Die Ratlosigkeit war am Samstag groß, und wohl noch mehr das Entsetzen nach dieser Angsthasen-Leistung. „Wenn du den Ball immer wieder hergibst, wird es schwer“, meinte Fiel. Wenn die Hamburger dadurch immer mehr Druck aufbauen würden, würden die Gegentore zwangläufig fallen. An diesem Nachmittag blieb aber die Frage, warum die Club-Spieler das angekündigte forsche Auftreten ihres Trainers nicht umgesetzt hatten? Warum sie von vorneherein kapitulierten? Keeper Carl Klaus, der abwehrte, was abzuwehren war, war auf jeden Fall bedient. „Es hat sich heute schon chancenlos angefühlt.“ In ganz wenigen Zeiten habe er das Gefühl gehabt, „dass wir heute siegreich vom Platz gehen können“. Die Club-Fans unter den knapp 42 000 Zuschauern hatten das Gefühl wohl nie. Die Gäste vom Hamburger Kiez mussten auch nie Vollgas gehen, ließen Ball und Gegner laufen und bauten, wenn die Nürnberger ausnahmsweise mal den Ball hatten, ein nerviges Gegenpressing auf – schon war die Kugel wieder in ihren Reihen. „Sie haben ein unglaublich starkes Zentrum mit Irvine, Hartel oder Wahl. Alles andere fügt sich herum“, meinte Oldie Enrico Valentini. Beim Club fügte sich kaum etwas. Das 1:0 durch Johannes Eggestein kurz vor der Pause drückte nicht annähernd die Überlegenheit der Gäste aus. Leicht und locker war das 2:0 (62.) durch Marcel Hartel herausgespielt.
Dass sich die Gastgeber selbst nach diesem Rückstand nicht etwas weiter nach vorne wagten, erklärte Valentini: „Es geht ja auch darum, dass man danach nicht zerpflückt wird.“ So wie beim 1:5 im Hinspiel oder beim 1:4 beim Karlsruher SC. So riesig war der Respekt vor dem Gegner, was auch Fiels Einschätzung bestätigte: „Wenn du sie anläufst, läufst du auch Gefahr, das dritte und vierte zu kassieren. Und das wollten wir nicht.“ Horn sprach aus, was alle dachten: „St. Pauli ist aktuell eine Nummer besser als wir.“
Hertha und Kiel warten
Nach der Länderspielpause geht es am Karsamstag zum Bundesliga-Absteiger Hertha, eine Woche später ist der Tabellenzweite Holstein Kiel mit dem Ex-Clubberer Patrick Erras zu Gast. Es wäre keine Überraschung, wenn nach den Spielen gegen diese starken Gegner auch wieder nur Defensivspieler zum Pressegespräch kämen.
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