Wenn es einen Schmähpreis für den chaotischsten Fußballklub Deutschlands geben würde, dann wäre der TSV 1860 München regelmäßig ein heißer Kandidat. Wie kein anderer Profiklub hierzulande stecken die "Löwen" in der Dauerkrise. Seit Jahren bekriegen sich Mäzen und Vereinsführung in unsinnigen Machtkämpfen, die finanzielle Konsolidierung will aufgrund gegenseitiger Blockaden nicht gelingen, die Anhänger sind desillusioniert. Und rein sportlich? Da sitzt "Sechzig" im Niemandsland der 3. Liga fest. In so einer verfahrenen Situation tut sich Michael Köllner das Abenteuer "Giesing" an. Eine Harakiri-Aufgabe, bei der schon viele vor ihm Schiffbruch erlitten haben. Die Liste gescheiterter Trainer ist lang. Jüngst warf sogar Daniel Bierofka, immerhin ein 1860-Urgestein, entnervt das Handtuch. Was kann ein Michael Köllner besser machen als seine Vorgänger? Diese Frage wird sich der Mann aus Fuchsmühl auch gestellt haben. Gesunder Ehrgeiz und ausgeprägtes Selbstbewusstsein, wie sie Köllner zu eigen sind, werden nicht genügen, um die "Löwen" fußballerisch nach vorne zu bringen. So komisch es auch im kommerziellen Profifußball klingen mag: Für Köllner spricht seine Oberpfälzer Mentalität. Gerade in Giesing, dem Herzstück Münchens, könnte ein Coach mit bayerischen Wurzeln zur Identitätsfindung der "Löwen" beitragen. Allerdings: Ohne die Gunst des Augenblicks wird es nicht gehen. Denn soll das gelingen, hat nicht nur die Mannschaft mitzuziehen. Auch die Funktionärsriege und Geldgeber Hasan Ismaik müssten sich zusammenraufen - was fast schon wieder einen eigenen Preis wert wäre.
Michael Köllner braucht die Gunst der Stunde
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