Aug' in Aug', auch daran kann man ab und an erkennen, was der andere so plant. Auf diesen Augenkontakt, dieses Hilfsmittel, müssen die Schachspieler in Zeiten der Coronakrise verzichten. Die Denksportler, von denen es in den 36 Oberpfälzer Vereinen mehr als 1400 Aktive gibt, müssen ebenfalls umdenken. Aber sie sind wohl derzeit die einzigen, die ihren Sport noch einigermaßen normal ausüben können. Sie verlagern ihr Denken und Tun vom Brett ins Internet.
Ligenspielbetrieb vorm Abbruch
"Ich sitze schon gerne meinem Gegner gegenüber", sagt Stefan Simmerl. "Aber ich spiele natürlich jetzt auch am Computer." Zwei Spieltage wären in den Oberpfälzer Schachligen noch zu absolvieren gewesen. "Wir haben jetzt ausgesetzt. Es kann auch alles abgebrochen werden", sagt der stellvertretende Vorsitzende des Oberpfälzer Schachverbandes, der auch seit 36 Jahren Jugendleiter beim SC Windischeschenbach ist. Und als solcher hat der 55-Jährige schon viel erlebt. "Aber so etwas wie derzeit natürlich noch nie", sinniert er. Auch er schaltet jetzt öfter seinen Computer ein, um denkfit zu bleiben. "Ich spiele fast jeden Abend." Auf unterschiedlichsten Plattformen, wie chess24, schach.de oder auch Lichess, die in diesen Tagen einen unheimlichen Boom erleben, wird ohne Ende schachmatt gesetzt.
Auch der Deutsche Schachbund (www.schachbund.de) hat mittlerweile ein Portal geschaffen, auf dem Schachangebote der Vereine im Internet gebündelt werden. Auf manchen Plattformen lassen sich Kontrahenten kurzfristig organisieren. "Da kriegt man sekündlich Gegner angeboten. Über die kann man sich auch Infos einholen."
Dann könnte man ja auch die Spieltage am Computer nachholen, oder? "So einfach ist das nicht", entgegnet Simmerl. Denn da gäbe es ja zu Hause die Möglichkeit, nebenher ein Schachprogramm laufen zu lassen. "Da gibt es vielleicht den ein oder anderen, der schummelt." Fairness wird aber im Schach ganz groß geschrieben und Sportsgeist ohnehin. Auch deswegen sei es schade, so Simmerl, dass in diesem Jahr wegen der Coronakrise die Bezirksmeisterschaft, das Highlight für die Oberpfälzer Schachspieler, abgesagt wurde. In der ersten Osterferienwoche hätten sich die Denksportler in Lappersdorf getroffen. Auch die bayerischen Jugendmeisterschaften, für die sich allein aus Windischeschenbach sechs jüngere Leute qualifiziert haben, fallen aus.
Profis keine Vorbilder
Jetzt schulen sich die Jungs und Mädels eben im Internet. Und das auch auf einem ganz anderen Niveau. Derzeit läuft das Kandidatenturnier für die WM. Die besten Spieler der Welt suchen im russischen Jekaterinenburg den Herausforderer von Weltmeister Magnus Carlsen. Vorbilder sind die Schachspieler aber in einem Punkt nicht: Sie sitzen sich doch glatt noch am Brett gegenüber.
Das wäre hierzulande in Coronazeiten völlig undenkbar. Simmerl hofft, dass die Krise bald vorübergehen möge, eine Rückkehr ans Brett möglich ist. "Ein Computer hat halt keine Emotionen und er unterliegt auch keinen Gefühlsschwankungen." Und noch etwas vermisst er, was man jetzt beim Schach so gar nicht vermutet hätte. "Von wegen Schach und Ruhe", sagt Simmerl lachend: "Da sollten Sie mal bei uns beim Jugendtraining dabei sein."
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