Ich bin nicht der größte Fußballfan. Ausgenommen Welt- oder Europameisterschaften. Bei diesen Mainstreamevents schalte ich dann doch ganz gerne mal rein. Jetzt gibt es aber nicht nur die Weltfußballer – sondern auch die Fußballer in der zweiten, dritten oder vierten Liga. Und so kam es, dass mich eine gute Freundin fragte, ob ich nicht spontan mit ihr zu einem SC Preußen Münster-Spiel ins Stadion gehen möchte. Sie versprach mir viel Bier und eine Menge Spaß.
Da ich zufällig in der Heimat im Münsterland war, sagte ich bei dem Angebot ohne lange nachzudenken einfach zu. Am nächsten Tag saßen wir gemeinsam mit unzähligen Schwarz-Weiß-Grün gekleideten Menschen im Zug Richtung Münster. Für alle die mit den Schwarz-Weiß-Grünen Farben nichts anfangen können: Es sind die Farben des SC Preußen Münster. Die ersten im Zug hatten bereits ein paar Bier geleert und stimmten Fan-Gesänge an. Nach 15 Minuten kamen wir am Hauptbahnhof an und die Menge strömte zu dem Bus, der uns zum Stadion bringen sollte.
Pokalfinale
Obwohl ich aus dem Münsterland komme, sah ich an diesem Tag das Stadion sogar von außen zum ersten Mal. Es ist nicht ganz so pompös wie die Schalke-Arena oder die Allianz-Arena. Zum Vergleich: Im Preußen-Stadion haben rund 14300 Zuschauer Platz, in der Allianz-Arena sind es hingegen etwas mehr als 75000.
Es wirkte beinahe so, als sei das halbe Münsterland heute bei diesem Spiel. Wir gesellten uns zu zwei Freunden und reservierten uns einen Platz auf der Tribüne. Dort fand ich dann auch heraus, worum es heute ging: das Finale vom Westfalenpokal und damit die Qualifikation für den DFB-Pokal. Es ging also tatsächlich um etwas. Der Gegner: Der SV Rödinghausen.
Zusammentreffen mit den Ultras
Anstoß. Ich muss gestehen, vom genauen Spielverlauf habe ich nicht viel mitbekommen. Viel zu abgelenkt war ich von den Preußen-Ultra-Fans, die nur wenige Meter neben uns ihre Fangesänge grölten, die riesigen Fahnen schwenkten und Bengalos zündeten. Eine Freundin klärte mich auf: Die Choreografien sind einstudiert, ein Vorsänger leitet die Menge mit einem Megafon an. Dabei sitzt er mit dem Rücken zum Spiel. Moment: Er sitzt mit dem Rücken zum Spiel? Viel mitbekommen tut er dann wohl auch nicht.
Halbzeit. Ich nutzte die Zeit und verschwand mal kurz auf der Toilette. Auf dem Rückweg, bog ich allerdings eine Tribüne zu früh ab. Ich begann mich zu wundern – das Gedränge war plötzlich viel größer als zuvor. Ich erkannte die Fangesänge, die Fahnen und den Vorsänger wieder. Dann der Anpfiff zur zweiten Halbzeit. „Ey mach mit“, pflaumte mich ein Typ hinter mir an. Ich war bei den Preußen-Ultras gelandet. Verwirrt hob ich die Hände, begann im Takt zu klatschen und bewegte meine Lippen als wüsste ich den Text.
Mir war klar – ich muss hier weg. Also drehte ich mich um und drängte mich durch die Fans. „Genau, jetzt einfach verschwinden“, pöbelte mich ein weiterer Fan an. Doch unbeirrt stahl ich mich davon. Und so ging auch langsam die zweite Halbzeit zu Ende. Rödinghausen schießt das erste Tor. Preußen schafft den Ausgleich, die Menge tobt und das erste Bier landet in meinem Nacken. Die Entscheidung fällt mit dem Elfmeterschießen. Bis zum Schluss bleibt es spannend. Doch dann trifft ein Preuße den letzten Schuss nicht. Rödinghausen gewinnt. Bevor der Pokal übergeben wird, verschwinden die geschätzt 14000 Preußen-Fans langsam aus dem Stadion und wir schließen uns an. Das war er also mein erster Besuch im Stadion.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.
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