Von der Seele geschrieben

Sulzbach-Rosenberg
31.01.2020 - 19:09 Uhr

Magdalena ist 21 und hat schon einiges hinter sich: Depressionen, Aufenthalt in der Psychiatrie, dunkle Tiefpunkte, strahlende Höhepunkte. Und sie ist zweifache Buchautorin. Poesie ist ihre Leidenschaft – und ihre Therapie.

Zu ihren Gedichten postet Magdalena immer ein Bild, das sie selbst oder mit Hilfe ihrer Schwester fotografiert.

Magdalena, genannt Maggy, lässt sich ungern fotografieren. Lieber steht sie hinter der Kamera, fängt Stimmungen und Situationen ein. Ihre Lieblingsbilder sind Schnappschüsse aus dem Alltag: Zigarette und Weinglas, eine alte Schreibmaschine von ihrem Opa. Solche Dinge bedeuten der 21-Jährigen viel. Sie haben Seele, genau wie sie selbst, sagt sie.

Seit die Sulzbach-Rosenbergerin schreiben kann, reimt sie sich Erzählungen zusammen. In der siebten Klasse sind es Pferdegeschichten - Handlungen, Charaktere und Hintergründe akribisch recherchiert und ausgereift. Später werden die Texte dann ernster – wie Maggy.

„In der achten Klasse bekam ich psychische Probleme. Zunächst wusste ich nicht, was mit mir los war“, erzählt die Schülerin, die derzeit ihr Abitur macht. Maggy – damals noch ein Kind – entwickelt Depressionen und eine Sozialphobie, die sie größere Menschenansammlungen meiden lässt. „Mir ging es nur gut, wenn ich daheim war und schreiben konnte.“

Schreiben als Selbsttherapie

In dieser Zeit bricht ihre beste Freundin plötzlich den Kontakt ab. Ohne Erklärung. „Da hab ich das erste Mal meine Gefühle aufgeschrieben, um das zu verarbeiten.“ Maggy merkt, wie gut es ihr tut, sich die düsteren Gedanken von der Seele zu schreiben. Das hält sie über Wasser, vollbringt aber keine Wunder. Also geht sie von sich aus in eine Klinik. „In den drei Monaten hab‘ ich kaum geschrieben. Die Zeit war zu heftig.“

Danach bringt sie ihre Gefühle wieder zu Papier. Bis heute ist das Schreiben für sie eine Selbsttherapie. „Mir hilft es, in Worte zu fassen, was in mir vorgeht. Früher war das ganz anders, da wollte ich schlimme Dinge aus meinem Kopf nicht aufschreiben – aus Angst, dass sie dann real werden.“ Heute ist sie glücklich darüber, ein Ventil zu haben – „auf dem Papier, aus dem Kopf“.

Ihre Gedichte verfasst Magdalena auf Deutsch und Englisch, übersetzt sie aber nicht gegenseitig.

Kein Plan, keine Gefühle

Kurz nach ihrer Zeit in der Klinik veröffentlicht sie ihren ersten Gedichtband „Poetic Mind“. „Das war eine Kurzschlussreaktion. Ich hatte keinen Plan, keine Gefühle und keine Erwartungen“, erinnert sich Maggy. Vom Einband bis zum Verkauf stemmt sie alles alleine. Ein Verlag ist nichts für sie: „Ich möchte keinem anderen gegenüber verantwortlich sein, als mir selbst.“ Zwei Wochen lang arbeitet sie sich in ein Self-Publish-Programm ein. Heraus kommt ein kleines Büchlein mit marmoriertem Einband – eine Sammlung ihrer tiefsten Gefühle. Es entwickelt sich zu einem Geheimtipp für Poesiefans.

Ihr Erfolg ermutigt die 21-Jährige, im November einen weiteren Band zu veröffentlichen: „If you are reading this, I love you.“ Eine Botschaft an jeden, der ein bisschen Liebe gerade brauchen kann.

Magdalena, alias Fakemaggy, verlegt und vermarktet ihre Bücher im Alleingang.

Instagrampoetin, Influencerin oder einfach nur: Maggy

Das meiste Feedback bekommt sie über Instagram. Dort heißt sie „Fakemaggy“. Unter diesem Pseudonym sind auch die Bücher erschienen. „Fake“, obwohl ihre Texte so ehrlich sind. „Das soll jeder selber interpretieren, was es für ihn bedeutet“, sagt Maggy. Für sie ist es schwer zu fassen, dass sich sehr viele Menschen durch ihre Gedichte zum ersten Mal verstanden fühlen: „Ich freue mich über die Nachrichten, aber ich kann sie nicht begreifen. Vielleicht, weil ich das selbst noch nie erlebt habe. Da versuche ich noch an mir zu arbeiten, dass ich das mehr spüren kann. “ Instagrampoetin nennen sie manche. Influencerin andere. Doch das trifft alles nicht so ganz auf die junge Frau zu. Und in eine Schublade gesteckt werden mag die Autorin sowieso nicht. „Es gibt dann eben keine Bezeichnung dafür. Ich bin einfach ich.“

Hintergrund:

Psychischen Problemen den Schrecken nehmen

In ihrem Podcast „Poetic Mind“ (z.B. via Spotify) spricht Magdalena ganz offen über ihre psychische Erkrankung. Sie will dem Thema den Schrecken nehmen und mit Tabus brechen. Wenn Menschen – vor allem Jugendliche - sehen, dass damit normal umgegangen wird, trauen sie sich auch eher Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist ihre Hoffnung. Die Gedichtbücher sind via Amazon und jeden Buchhandel bestellbar.

Fakemaggy auf Instagram

Zum Podcast "Poetic Mind" von Fakemaggy

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