Es ist mir peinlich. Schließlich bin ich als Hobbymusiker selbst schon hunderte Male vor Publikum auf Bühnen gestanden. Aber wenn meine Arbeitskollegen erzählen, auf welchen tollen Konzerten oder Festivals sie schon waren, und mich mit diesem "Und du so?"-Blick anschauen, muss ich passen. Denn die Konzerte, die ich in meinem Leben besucht habe, kann ich an zwei Händen abzählen. Dabei liebe ich Livemusik - aber eher aus der Konserve.
Angefangen hat es mit drei ikonischen Alben: "Made in Japan" von Deep Purple, "Tokyo Tapes" von den Scorpions und - das mag auf den ersten Blick nicht in die Reihe passen - "Bess demnähx" von BAP. Ich spürte die Energie von live gespielter Rockmusik, hörte die Begeisterung der Fans und hatte Gänsehaut. Ich habe die Platten so oft in voller Lautstärke gehört und mit Tennisschläger-Gitarre, Luftschlagzeug oder Haarbürsten-Mikrofon begleitet, dass ich heute noch jeden Ton und jedes Wort im Schlaf kenne. Und sicher waren diese drei Platten der Grund, dass ich mir mein erstes Schlagzeug gekauft habe - zum Leidwesen unserer Nachbarn.
Aber wenn ich Livemusik so gut finde, warum bin ich nicht öfter auf Konzerte gegangen? Als Schüler und Student lag es am Geld: Eintrittskarten waren teuer, und ein Album, das ich immer wieder anhören konnte, schien mir die bessere Investition zu sein. Später war es eine Zeitfrage zwischen Sport, eigenen Auftritten und Wochenend-Diensten in der Redaktion. Heute ist es eher Bequemlichkeit: Hinfahren, anstehen, warten - da ist es verlockender, daheim ein gutes Album aufzulegen.
Aber jetzt kommen meine Söhne bald in das Alter, in dem ich mit meinem Vater mein erstes Rockkonzert gesehen habe (genial: die Spider Murphy Gang). So etwas sollen sie auch erleben können, und dafür will ich mal den Hintern aus dem Sessel kriegen. Danach können sie selbst entscheiden, ob sie Musik künftig öfter live hören wollen oder lieber sagen: "Alexa, spiel 'Smoke on the water.'"
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.