Cannabis-Konsum: Verzicht gelingt oft nur Stück für Stück

Oberpfalz
09.06.2023 - 12:23 Uhr
OnetzPlus

Die geplante Legalisierung von Cannabis macht vielen Menschen Sorgen – gerade wenn es um Drogenmissbrauch in der Familie geht. Oberpfalz-Medien hat dazu ein Lesertelefon angeboten. Antworten liefern Experten der BZgA.

Ist Cannabis für Jugendliche gefährlich?

Durch häufigen oder sogar täglichen Konsum von Cannabis sind Aufmerksamkeitsdefizite, Konzentrationsschwäche, Gedächtnisprobleme und eingeschränkte Lernfähigkeit möglich. Hinzu können Störungen im emotionalen und sozialen Bereich kommen. Sie entstehen vor allem, wenn Jugendliche durch den Drogenkonsum unangenehme Gefühle erträglicher machen wollen. Dadurch verpassen sie es, Fähigkeiten zu erlernen, mit Alltagsproblemen klar zu kommen. Sie haben außerdem ein erhöhtes Risiko, eine Cannabis-Abhängigkeit zu entwickeln.

Wie zeigt sich die Abhängigkeit im Alltag?

Das Kiffen nimmt immer mehr Raum im Leben ein. Andere wichtige Dinge – wie Ausbildung, Job, Familie, Freunde – bleiben auf der Strecke. Oft ziehen sich Cannabis-Konsumenten nach und nach aus dem sozialen Leben zurück. Sie greifen immer wieder zum Joint oder zur Bong (Wasserpfeife ohne Schlauch, mit der meist Cannabis geraucht wird; Anm. d. Red.) obwohl sie wissen, dass es ihnen nicht guttut.

Was kann man tun, damit Tochter oder Sohn nicht mehr kiffen?

Der Weg zum Verzicht gelingt oft nur Stück für Stück. Sie können helfen, indem Sie die kritische Reflexion fördern. Fragen Sie zum Beispiel, was sie erwarten, wenn sie weiter kiffen wie bisher oder was sich verändern würde, wenn sie weniger kiffen. Vielleicht stößt man damit einen Denkprozess an. Kommt man so nicht weiter, sollte man nicht zögern, sich Hilfe zu holen. Suchtberatungsstellen (www.drugcom.de/beratung-finden/drogenberatungsstellen/) beraten in der Regel auch die Angehörigen.

Kann man es ohne Therapie schaffen, clean zu werden?

Um den Cannabis-Konsum wirklich zu beenden, ist es unerlässlich, Strategien zu entwickeln, um erneute Versuchungen zu bewältigen. Professionelle Hilfe beim Ausstieg erhält man bei Beratungsstellen. Alle stehen unter www.drugcom.de/beratung-finden/drogenberatungsstellen. Die Experten dort unterliegen – genau wie Ärzte – der Schweigepflicht.

Weiß man, wie viele Kiffer von Cannabis abhängig werden?

Laut einer aktuellen internationalen Meta-Studie wird einer von acht Cannabis-Konsumenten abhängig. Bei jedem Fünften war der Konsum bereits mit Problemen verbunden.

Lässt sich testen, ob der eigene Cannabis-Konsum noch unbedenklich ist?

Ja. Auf dem Internetportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), www.drugcom.de, gibt es einen anonymen Selbsttest. Der Test dauert fünf bis zehn Minuten. Danach bekommt man sofort eine Rückmeldung. Viele aktuelle Informationen zu Cannabis stehen auch auf www.cannabispraevention.de, einem weiteren Portal der BZgA.

Wird man gegenwärtig noch bestraft, wenn man kifft?

Cannabis ist in Deutschland verboten. Wer beim Kiffen erwischt wird, muss mit rechtlichen Folgen rechnen – selbst wenn es um kleine Mengen geht. Besonders heikel wird es, wenn jemand Cannabis an andere abgibt. Beim Besitz geringer Mengen für den Eigengebrauch kann die Staatsanwaltschaft zwar von einer Strafverfolgung absehen, sie muss es aber nicht.

Kann man noch fahren, wenn man nur zwei-, dreimal am Joint gezogen hat?

Das sollte man keinesfalls. Jeder noch so geringe Nachweis ist eine Ordnungswidrigkeit. Wer bereits einen Führerschein besitzt und mit Drogen erwischt wird, muss mit einer Geldstrafe (bis zu 1500 Euro) und dem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen. Die gibt es dann nur über eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) zurück.

Hat Cannabis Einfluss auf die Zeugungsfähigkeit?

Mehrere Studien geben Hinweise darauf, dass tägliches Kiffen die männliche Fruchtbarkeit deutlich verschlechtern und darüber hinaus zu Orgasmus-Problemen führen kann. Außerdem wurde beobachtet, dass Cannabis-Konsumenten ein um 70 Prozent erhöhtes Risiko aufweisen, an Hodenkrebs zu erkranken.

Existiert ein Zusammenhang zwischen Kiffen und Schizophrenie?

Wenn bei Menschen eine entsprechende Disposition vorliegt, an Schizophrenie zu erkranken, kann der Konsum von Cannabis den Ausbruch der Erkrankung beschleunigen und die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls erhöhen.

  • Die Fragen der Leserinnen und Leser von Oberpfalz-Medien haben Experten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) beantwortet. Die Anrufer konnten anonym bleiben.
Service:

Ausstiegshilfen und Beratung

 
 

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