01.02.2018 - 20:00 Uhr

Raser-Urteil vor dem Bundesgerichtshof: Nebenkläger gehen von "Präzedenzfall" aus

Zwei Berliner Raser fuhren im Temporausch einen Menschen tot. Dafür wurden sie vom Landgericht Berlin zu lebenslangen Haftstrafen wegen Mordes verurteilt. Nun überprüft der Bundesgerichtshof das bundesweit erste Mordurteil nach einem illegalen Autorennen.

Karlsruhe/Berlin. Vor zwei Jahren waren die damals 24 und 26 Jahre alten Männer mit bis zu 170 Stundenkilometern über den Kurfürstendamm gerast. Bei ihrem nächtlichen Wettrennen über elf Kreuzungen mit mehreren roten Ampeln erfasste der Ältere mit seinem Wagen den Geländewagen eines 69-Jährigen, der bei Grün in eine Kreuzung fuhr. Der 69-Jährige starb an der Unfallstelle.

Bei dem Geschehen wurde auch die Beifahrerin des 24-Jährigen schwer verletzt, die Raser kamen mit leichten Blessuren davon. Beide - der Ältere hörte auf den Spitznamen "Transporter" nach einem Actionhelden, der Jüngere lebte dafür, die Straße zu "ficken" - waren schon zuvor als notorische Verkehrssünder ohne Unrechtsbewusstsein auffällig geworden.

Auch wenn die beiden niemanden vorsätzlich töten wollten - aus Sicht des Landgerichts Berlin haben sie den Tod anderer Menschen billigend in Kauf genommen. Sie hätten "mittäterschaftlich und mit bedingtem Vorsatz" gehandelt und das Auto als Mordwaffe genutzt. Neben der lebenslangen Haftstrafe wegen Mordes wurde ihnen der Führerschein auf Lebenszeit entzogen.

Gegen dieses Urteil legten die Männer Revision ein. Am Donnerstag verhandelten die höchsten deutschen Strafrichter in Karlsruhe den Aufsehen erregenden Fall. Sein Urteil verkündet der Bundesgerichtshof am 1. März. Die Verteidiger der Männer plädierten vor dem BGH dafür, das Urteil aufzuheben und an eine andere Kammer zurückzuverweisen. Sie monierten Rechtsfehler und sehen keine Hinweise für ein vorsätzliches Tötungsdelikt als Voraussetzung für das Mordurteil.

Die Vertreter der Bundesanwaltschaft und der Nebenkläger - darunter der Sohn des Getöteten - halten die Revisionen für unbegründet. Die besondere Rücksichtslosigkeit, mit der der Tod von Menschen für den Adrenalinrausch in Kauf genommen worden sei, reiche für die Annahme eines bedingten Vorsatzes.

Während die Nebenkläger von einem "Präzedenzfall" ausgehen, warnte der BGH vor überzogenen Erwartungen. Der Senat prüfe nur das landgerichtliche Urteil auf Rechtsfehler, betonte die vorsitzende Richterin.

Tödlicher Temporausch - Raser vor Gericht

Seit Oktober 2017 können Raser stärker bestraft werden - das Strafgesetzbuch sieht nun bis zu zehn Jahre Haft für verbotene Autorennen vor. Einige Urteile:

Hamburg: Bei einem illegalen Autorennen kommt 2015 ein Mitfahrer ums Leben. In zweiter Instanz wird im Januar 2018 einer der beiden Fahrer unter anderem wegen fahrlässiger Tötung zu 18 Monaten Haft verurteilt. Der andere erhält zwei Jahre auf Bewährung.

Köln: 2015 missachtet ein Raser eine rote Ampel und rammt ein Taxi, ein Fahrgast stirbt. Zwei 20 Jahre alte Männer werden 2016 zu 12 und 16 Monaten Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt.

Freiburg: Auf einer Bundesstraße sterben 2012 zwei Menschen wegen eines illegalen Rennens: eine unbeteiligte Frau und einer der beiden Fahrer. Der zweite Fahrer muss wegen fahrlässiger Tötung zweieinhalb Jahre in Haft. (dpa)

 
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