Corona und Kredit: Wenn die Rate zum Problem wird

Amberg
24.07.2020 - 18:05 Uhr
OnetzPlus

Das Coronavirus bedroht nicht nur die Gesundheit, sondern bisweilen die wirtschaftliche Existenz. Bundesweit können Schuldner ihre Kredite nicht wie geplant zurückzahlen. Haben auch Banken in der Region mit dem Problem zu tun?

Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sind mögliche Folgen der Corona-Pandemie. Wer davon betroffen ist, kann schnell in finanzielle Nöte geraten. Das von der Bundesregierung beschlossene Kreditmoratorium, das Ende Juni auslief, nutzten auch Verbraucher in der Region, um bei ihren Banken die Stundung ihrer Raten zu erwirken.

Wie sehr coronabedingte Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit auf die finanzielle Situation der Haushalte durchschlagen können, machten zuletzt Umfragen der „Bild“-Zeitung und „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ deutlich. Hunderttausende Bankkunden haben demnach in den zurückliegenden Monaten ihre Kredite nicht ordnungsgemäß bedient. Gut 189 000 gestundete Verbraucherkredite deutschlandweit meldeten allein die Sparkassen. Rund 70 000 Privatkunden wurden zum Beispiel bei der Deutschen Bank und Postbank vorstellig.

Hohe Zahlen, die erschrecken, jedoch auch in Vergleich zum Gesamtvolumen der Privatkredite gesetzt werden müssen. „Das ist ein einstelliger Prozentsatz unseres gesamten Kreditfolios“, wird Karl von Rohr, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, zitiert.

Und wie sieht die Situation vor Ort aus? In welchem Umfang haben Verbraucher in unserer Region das von der Bundesregierung beschlossene und Ende Juni ausgelaufene Kreditmoratorium genutzt? Stehen gar Kreditausfälle in größerem Rahmen im Feuer?

Private Moratorien

„Insgesamt betrachtet halten sich die Anträge in einem überschaubaren Rahmen“, teilt Markus Duschner für die Sparkasse Amberg-Sulzbach mit. So seien für 236 Darlehen das gesetzliche Moratorium und für weitere 109 Darlehen anderweitige Stundungsmaßnahmen (zum Beispiel private Moratorien der Sparkassen-Finanzgruppe) beantragt und zugesagt worden. „Bis zum 17. Juli waren rund 180 private und gewerbliche Kreditnehmer betroffen“, informiert Duschner als stellvertretendes Vorstandsmitglied. Von der Corona-Krise tangierten Firmen seien rund sieben Millionen Euro an neuen Krediten, überwiegend über öffentliche Fördermittel, zur Verfügung gestellt worden.

Stundungen und Tilgungsaussetzungen gab es auch bei anderen Geldhäusern. Von „einer überschaubaren Antragsmenge“ spricht Bernhard Werner. Der Vorstandssprecher der VR Bank Mittlere Oberpfalz nennt keine exakte Zahl, er verweist jedoch auf das Bemühen, auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen: „Bei manchen geht es um eine Rate, bei anderen um vier oder fünf. Wir schauen uns jeden Einzelfall gesondert an, um eine bestmögliche Lösung herbeizuführen.“

Dass sich der Wunsch nach Stundung in Grenzen hält, führt Werner auch auf den „großen Branchenmix“ im Landkreis Schwandorf zurück: „Wir haben starke Unternehmen mit einer guten Substanz. Und wenn die nicht wackeln, dann hat das positive Auswirkungen auch für die Arbeitnehmer.“ Gleichwohl räumt Werner ein: „Bei Doppelverdienern in Kurzarbeit können natürlich auf einen Schlag mehrere Hundert Euro Einkommen fehlen.“

Zweite Welle verhindern

Während Werner kein großes Risiko für vermehrte Kreditausfälle („Stand jetzt“) sieht, sind andere Bankexperten skeptischer. „Die Gefahr von erhöhten Kreditausfällen ist nicht genau abschätzbar, aber weiterhin groß“, meint Thomas Ludwig und hat dabei sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen im Blick. Für den stellvertretenden Vorstandssprecher der Volksbank-Raiffeisenbank Nordoberpfalz sind zwei Dinge wichtig: „Entscheidend ist, dass einerseits eine zweite Welle mit einem nochmaligen Shutdown verhindert wird und andererseits auch die Auftragsakquise wieder gelingt.“ Ludwig spricht bezüglich des Kreditmoratoriums von „gut 300 Anträgen, die wir bearbeitet und positiv genehmigt haben.“ Fällige Zahlungen aufzuschieben sei gerade bei Unternehmen "nur ein Mittel in einem ganzen Werkzeugkoffer an Maßnahmen."

Für noch längst nicht ausgestanden hält auch Markus Duschner die Folgen der Pandemie für Wirtschaft und Verbraucher. Je nachdem, wie die Coronakrise weiter verlaufe, könne es „im Wort Case“ zu einem Anstieg der Kreditausfälle im 4. Quartal kommen, befürchtet er.

Zurückhaltend fällt die Analyse von Karlheinz Schreiner (Vereinigte Sparkasse Eschenbach-Neustadt-Vohenstrauß) aus. „In der momentan schwierigen Situation ist aus unserer Sicht keine reelle Bewertung möglich“, meint der Vetriebsmanagement-Leiter in Hinblick auf etwaige Kreditausfälle. „Die tatsächlichen Ergebnisse werden wir in ein, zwei Jahren sehen.“ In den letzten Monaten verzeichnete die Sparkasse kein besonderes Aufkommen bei Ratenstundungen: „Die Nachfrage war durchschnittlich.“

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Neustadt an der Waldnaab16.07.2020
Info:

Ende des Kreditmoratoriums: Nur aufgeschoben, nicht aufgehoben

Was ist das Kreditmoratorium?

Um finanziell in Not geratene Verbraucher in der Coronakrise vor Zahlungsunfähigkeit zu bewahren, hatte die Bundesregierung im März ein dreimonatiges Kreditmoratorium beschlossen. Es ermöglichte, unter bestimmten Voraussetzungen die Stundung laufender Kredite.

Was meinen die Experten?

Da das Moratorium Ende Juni ausgelaufen ist, warnen Experten nun davor, dass säumige Schuldner in Zeiten von Kurzarbeit und höherer Arbeitslosigkeit ihre Kredite nicht mehr bedienen können. „Die Zahlungsverpflichtungen sind nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Die Raten werden natürlich irgendwann fällig“, sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Forschungschef der Auskunftei Creditreform, der „Bild am Sonntag“.

Was sagen Beratungsstellen?

Da ist man derzeit etwas ratlos. „Wir hatten eigentlich mit vielen Anfragen gerechnet. Gerade jetzt, da das Moratorium beendet ist und Ratenzahlungen wieder aufgenommen werden müssen“, meinte Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern. „Wir sind selbst verwundert, dass das Thema noch nicht so richtig aufgeschlagen hat.“ Seine Vermutung: „Viele haben sich mit den Banken längerfristig geeinigt.“

 
 

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