Zwei Gitarren, ein Kontrabass und ein Schlagzeug auf der Bühne im Casinosaal Amberg. Unter dem Motto „Jazz is back in town“ erwartet die Zuhörer am Dienstag Musik, die völlig aus dem Rahmen fällt und dem aktuellen Zeitgeist gegen läuft, Musik, die den Geist der 50er Jahre heraufbeschwört.
Die beiden Gitarristen Jim Mullen und Helmut Nieberle kennen sich seit Jahrzehnten und stehen immer wieder mit den unterschiedlichsten Projekten gemeinsam auf der Bühne. Swingend im Fahrwasser des Mainstream eröffnen sie den Abend mit „Swing for two“ und „When sunny gets blue“. Sie werfen sich gegenseitig die Melodien zu, ergänzen sich auf ideale Weise, unterstützt von Ernst Techel am Kontrabass und Michael „Scotty“ Gottwald am Schlagzeug. Mullen schlägt die Saiten ausschließlich mit dem Daumen an, eine Technik, mit der einst Wes Montgomery Furore machte. Sein Sound ist sanft und glasklar, seine Akkordtechnik phänomenal und sein Einfallsreichtum unerschöpflich. Dem setzt der Regensburger Helmut Nieberle mit seiner 7-saitigen Gitarre einen Sound entgegen, der auch von der Gypsy-Musik beeinflusst ist.
Die aus Irland stammende Sängerin Zoe Francis widmet ihr aktuelles Konzertprogramm ganz der amerikanischen Sängerin Blossom Dearie (1924-2009), die leider nie die Popularität einer Ella Fitzgerald, Sarah Vaughan oder Anita O‘Day erreichte und nur Insidern bekannt ist, obwohl sie in den 50er Jahren großartige Aufnahmen mit namhaften Begleitern wie Herb Ellis, Kenny Burrell, Ray Brown, Jo Jones oder Ed Thigpen machte.
Zoe Francis haucht den genialen Kompositionen, die ursprünglich aus Musicals und Filmen stammen, neues Leben ein. Unterkühlt, mit Charme und Ironie interpretiert sie das „Great American Songbook“, leicht und lässig, durchsichtig und stets swingend. Zwischen den Texten gibt es reichlich Freiraum für instrumentale Improvisationen und originelle Arrangements. Immer wieder überrascht auch Ernst Techel mit einfühlsamen Solopassagen auf dem Kontrabass und rundet so das Klangspektrum ab.
Als Schlagzeuger, der den ganzen Abend nur mit Besen bestreitet, gibt Scotty Gottwald eine Lehrstunde in Sachen Rhythmik. Seine Trommeln und Becken swingen wie der Teufel, er erweckt den Eindruck eines Klangmalers, der mit wenigen Pinselstrichen eine unglaubliche Wirkung erzielt. Kurze solistische Zwischenspiele, natürlich nur mit den Besen, sorgen für Spannung und Dynamik.
Zoe Francis besticht durch ihre klare, ausdrucksvolle Stimme und sichere Intonation. Sie versteht es, die Texte zu verdeutlichen und akzentuieren, Hintergründe und der Zeitgeist der 50er Jahre werden mit kurzen Ansagen und mit Witz kommentiert. Unter die Haut gehen auch die stimmungsvollen Einleitungen, die sie oft nur untermalt von Jim Mullens Gitarre, vorstellt. Zu den Höhepunkten das Abends gehören die Kompositionen von Dave Frishberg, die ironisch auf die Jugendkultur der 50er verweisen: „Peel me a grape“, gesungen mit dunkler, rauchiger Stimme und untermmalt von bluesig angehauchten Gitarrenlicks, sowie „I‘m hip“. In erster Linie aber handeln die Songs von Liebe mit all ihren Problemen: „Tea for two“, „They say it‘s spring“, „Some other time“.
Mit „Unit 7“, bekannt durch Wes Montgomery und „Stairway to the stars“ stehen noch zwei weitere Instrumentalnummern auf dem Programm. Als Zugaben gibt es ein Duo von Zoe Francis und Jim Mullen – Stimme und Gitarre in Reinkultur! - sowie „The real gentleman“, eine Komposition von Helmut Nieberle. Ein angenehmer Konzertabend mit Musik aus einer fast vergessenen Ära geht zu Ende, Musik zum Entschleunigen und Entspannen, zum Schmunzeln und Besinnen – Musik pur ohne doppelten Boden!
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