Amberg
10.05.2019 - 14:45 Uhr

Auf den Fotografen kommt's an

Politiker haben es auch nicht leicht: Dauernd lachen sie einem aus der Zeitung entgegen, moniert so mancher Leser. Wenn dann ein Politiker einen Jubilar - unbeabsichtigt - wie einen "armen Sünder" aussehen lässt, regt sich erst recht Unmut.

Ein Beispiel für ein gelungenes Foto, auf dem zwar mehrere Menschen zu sehen sind, der Papst aber dennoch sofort als die im Mittelpunkt stehende Person zu erkennen ist: Am Abend vor seinem 82. Geburtstag pustet Franziskus im Vatikan eine Kerze auf einer Torte aus. Archivbild: Gregorio Borgia/AP/dpa
Ein Beispiel für ein gelungenes Foto, auf dem zwar mehrere Menschen zu sehen sind, der Papst aber dennoch sofort als die im Mittelpunkt stehende Person zu erkennen ist: Am Abend vor seinem 82. Geburtstag pustet Franziskus im Vatikan eine Kerze auf einer Torte aus.

Reinhard Koch ist Leser unserer Zeitung und in Amberg zu Hause. Kürzlich bekam ich Post von ihm, die Mail begann Koch mit den Worten: "Was mich immer wieder an Beiträgen und Glückwünschen bei Jubiläen, Geburtstagen und sonstigen Gratulationen in der AZ an den Überbringern und somit an unseren Volksvertretern stört, ist der Hang zur Selbstdarstellung." Auch wenn er ein gewisses Verständnis dafür aufbringe, dass bei einem Politiker "Protagonismus zum Handwerk gehört", so schrieb Koch weiter, finde er es "unangebracht, sich meist bildlich in den Vordergrund zu drängen".

"Die eigentlichen Hauptpersonen (der/die Jubilar/in) erscheinen meist als schmückendes Beiwerk", kritisiert der Amberger. Außerdem, fügte er hinzu, sollte man demjenigen, dem man gratuliert, doch in die Augen schauen "und nicht medienwirksam in die Kamera". Als Beispiel greift Reinhard Koch einen Beitrag im Lokalteil der Amberger Zeitung heraus, erschienen Anfang April. Ein Senior feierte seinen 90. Geburtstag, der Bürgermeister kam, um ihn zu beglückwünschen. Ein freier Mitarbeiter der AZ schrieb einen Artikel und machte ein Foto, das Reinhard Koch überhaupt nicht gefiel: vor einem Gemälde der Kommunalpolitiker dominierend links vorne, neben ihm der 90-Jährige, "der wie ein armer Sünder im Hintergrund erscheint". So zumindest empfand es der Leser. "Umgekehrt wäre es sicher angebrachter gewesen", betonte er.

Das sagen die Fotografen

Wir schauen uns dieses Bild mit den Fotografen der Amberger und Sulzbach-Rosenberger Zeitung an. Petra Hartl, Wolfgang Steinbacher und Stephan Huber sind sich einig: Es ist wirklich kein gelungenes Bild, weil der Mann, der Geburtstag hatte, fotografisch nicht in den Mittelpunkt gerückt wurde. Kritik also berechtigt. "Wir machen so etwas nicht", unterstreicht Hartl im Namen ihr Kollegen. Unseren freien Mitarbeitern pauschal den Schwarzen Peter zuschieben will damit natürlich niemand, um Gottes willen. Ohne sie käme keine Zeitung heraus, ohne sie wären die Redaktionen bei der lokalen Berichterstattung aufgeschmissen.

Ziel: Es allen recht machen

Unsere freien Mitarbeiter, die keine Profi-Journalisten sind, meinen es gerne gut mit denen, über die sie schreiben. Und wenn sich bei der Geburtstagsgratulation wieder einmal immer mehr Menschen "aufs Foto drängen" und der Jubilar fast zur Nebensache gerät, wenn das halbe Dorf da ist, dann wollen es sich die in unserem Auftrag agierenden Damen und Herren mit niemandem verscherzen, keinem wehtun und es nach Möglichkeit jedem recht machen. Da kommt dann am Ende schon mal ein Bild heraus, das aus unserer Sicht eher "suboptimal" ist.

Eigentlich sollte man einen Jubilar entsprechend in Szene setzen, ihn vielleicht, wenn's denn passt, mit einem Gläschen Sekt in der Hand fotografieren und ihm nach Möglichkeit ein Lächeln ins Gesicht zaubern, betonen Petra Hartl, Wolfgang Steinbacher und Stephan Huber. Schließlich finden sich viele Menschen nur einmal in ihrem Leben in der Zeitung wieder. Unsere Fotografen haben aber auch schon oft erlebt, dass Geburtstagskinder es ausdrücklich begrüßen, wenn sich viele Gratulanten auf dem Bild um sie scharen. "Man muss den Wunsch des Jubilars auch respektieren", unterstreicht Hartl.

"Klar, die Politiker und Bürgermeister kommen zum Gratulieren und möchten auch fotografiert werden", bestätigt Gabriele Schönberger, unsere Fotografin im Weidener Verlagshaus. Oft seien die Jubilare oder Geburtstagskinder einfach auch stolz, dass ihnen von den Menschen aus der Politik oder der Wirtschaft Glückwünsche überbracht werden. "Aber den Jubilar in den Mittelpunkt zu bekommen, müsste möglich sein", hebt Schönberger hervor.

Das schönere Bild

Eventuell wäre ja ein einziger Gratulant auf dem Bild ausreichend. Für Schönberger die bessere Möglichkeit, ein Foto zu machen, auf dem sich zwei in die Augen blicken können, was für Schönberger "ohne Zweifel das schönere und menschlichere Bild" wäre. "Es ist halt dann eine Profilaufnahme", gibt sie zu bedenken. Bei so einem Bild könnte jemand sagen: Du warst ja gestern in der Zeitung, ich hab dich aber von der Seite fast nicht erkannt ...

Auch eine Aufnahme, die geglückt ist: Obwohl die schwedische Schlager- und Filmlegende Bibi Johns anlässlich ihres 90. Geburtstags von den Kessler-Zwillingen Ellen (links) und Alice (rechts) küssend in die Mangel genommen wird, bleibt sie hier Hauptperson. Bild: Ursula Düren/dpa
Auch eine Aufnahme, die geglückt ist: Obwohl die schwedische Schlager- und Filmlegende Bibi Johns anlässlich ihres 90. Geburtstags von den Kessler-Zwillingen Ellen (links) und Alice (rechts) küssend in die Mangel genommen wird, bleibt sie hier Hauptperson.
 
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