Diese Programmänderung bringt es wohl mit sich, dass nur sehr wenig Publikum das Parkett im Stadttheater Amberg füllt. Lediglich mit Keyboardbegleitung, ganz wenig Requisiten, dafür mit unglaublicher Bühnenpräsenz, so unterhält und fesselt der Soulsänger mit seinen Erinnerungen."Try to remember" lautet das Motto des Abends. Und Ron Williams erinnert sich an sein bewegtes Leben, das 1942 in Oakland, Kalifornien beginnt. "Hautnah" bringt er interessante und spannende Geschichten zu Gehör, erinnert an schicksalhafte Begegnungen und mischt Songs und Soul-Klassiker sowie Eigenkompositionen darunter. Diese Synthese geht unter die Haut.
Hochgewachsen, im dunklen Westenanzug mit schwarzem Seidenhemd und einer Basecap auf dem Kopf, so steht er auf der sanft beleuchteten Bühne. Auf einer Seite ein Ohrensessel, auf der anderen ein Barhocker. Dazwischen spannt er das Seil, worauf er hin und her balanciert von der schwierigen Kindheit und Jugend: wo er von der Mutter, die im Gefängnis saß, verlassen war, bei diversen Tanten und Onkeln versorgt, bei bigotten Betreuern verräumt und in unterschiedlichen Heimen untergebracht war, bis er schließlich von seinem Onkel und seiner Tante, die er Dad und Mother nennt, im wahrsten Sinne des Wortes angenommen wird.
Als er erfährt, dass er ein "karibisches Kuckucksei" ist – "Island in the Sun" – und nicht der Sohn des gesetzlichen, psychisch gestörten Vaters. Mit "I can see clearly now" geht es aufwärts. Er schließt erfolgreich die Schule ab, erhält ein Stipendium an einer renommierten Universität, um Jura zu studieren: "Ich wollte damals Anwalt werden. Ich sah mich schon als Politiker, Senator." Es kommt anders. Er geht freiwillig zur Army, erlebt als Militärpolizist in Georgia und als einziger Schwarzer in der Einheit Rassendiskriminierung. Politischer Einfluss rettet ihm buchstäblich das Leben. Er kommt nach Stuttgart, ist neugierig auf Land und Leute, lernt die fremde Sprache und kann sogar heute noch gut "schwäbisch schwätze", wie er beweist. Er arbeitete als Journalist und AFN-Sprecher, lernte dabei viele Musikgrößen kennen und startete als Hair-Musical-Star eine neue Karriere.
So viele Hochs und Tiefs durchläuft diese Lebensgeschichte, schlimme Zeiten, die jedoch trotz aller Schwierigkeiten mit so viel Optimismus beleuchtet werden, Gemeinheiten, die ohne Hassgefühle erzählt werden, Songs dazu, die mit großer Eindringlichkeit und fantastischem Stimmvolumen Emotionen widerspiegeln und jedes Mal mit großem Applaus quittiert werden. Ron Williams versteht es, die Zuhörer mit seiner Lebensgeschichte zu berühren und mitzunehmen. Mit stehenden Ovationen, rhythmischem Beifall und Zugaben endet dieser sehr persönliche und mitreißende Abend.
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