Nach fünf herausragenden Sonaten-Abenden hat der Kölner Pianist Herbert Schuch das Oberpfälzer Publikum längst in helle Begeisterung versetzt. Dass er sich intensiv und reflektiert mit Ludwig van Beethovens Werk auseinandersetzt, ist in Ton wie Wort erkennbar. Als Spezialist will er sich aber auch vor dem nächsten Konzert am Sonntag, 12. Januar um 17 Uhr im Stadttheater Amberg nicht sehen. Ein Interview.
ONETZ: Herr Schuch, beim sechsten Beethoven-Abend werden Sie mit „Les Adieux“ eine Sonate mit explizit historischem Hintergrund spielen. Haben Sie beim Erarbeiten des Stückes auch selbst ein wenig zu Beethovens Beziehung zu Erzherzog Rudolf von Österreich und dessen Flucht vor den napoleonischen Truppen recherchiert?
Herbert Schuch: Ich habe tatsächlich gar nicht recherchiert- der historische Kontext wäre wichtig, wenn sich mir der emotionale Gehalt des Werkes nicht erschließen würde. Hier aber ist die „Story“ so unglaublich klar, Abschiedsschmerz, quälendes Warten und dann überschwängliche Freude beim Wiedersehen empfinden wir ja wahrscheinlich im 21. Jahrhundert genauso wie damals. Das ist ja das Geniale bei Beethoven: Er extrahiert immer das Wesentliche, das uns Menschen heute genauso bewegt wie vor 200 Jahren! Höchstens beim Hufgetrappel im ersten Satz muss man sich in Erinnerung rufen, dass es damals eben keine andere Art der schnellen Fortbewegung gab. Ich beneide den Erzherzog schon ein wenig. Wie unglaublich viele Werke hat ihm Beethoven gewidmet! Das muss eine sehr tiefe Freundschaft gewesen sein.
ONETZ: Mit dem Spätwerk Nr. 28 A-Dur op. 101 greifen Sie an diesem Abend auch schon mal dem Endspurt Ihres Amberger Mammutprojekts vor. Ist es der mangelnde gestalterische Freiraum für neue spannende Hörerlebnisse, der aus Ihrer Sicht gegen ein strikt chronologisches Konzept spricht?
Strikt chronologisch wird es mir nicht zu langweilig, aber ich wollte in diesem Abend am 12.Januar ein wenig die Kurve nachzeichnen von den kleinen, experimentellen Sonaten, die von der sogenannten mittleren Periode in dieses unglaubliche Meisterwerk der Sonate op.101 führen, die Pforte zu seinem Spätwerk. Die Sonaten op. 54 und 78 hört man ja kaum, wieso eigentlich? Da probiert Beethoven halt was Neues aus und überrascht sich und uns jedes Mal aufs Neue. Aber wie dann dieses Tasten, Erfühlen von etwas Neuem dann „auf einmal“ zu einem komplett neuen Stil führt (der ja ein genialer Rückgriff auf einen ganz alten Stil darstellt) muss uns Normalsterblichen irgendwie immer ein Rätsel bleiben. Und zum anderen: Ich wollte die Hammerklaviersonate im März nicht mit noch einem so kapitalen Brocken wie der Sonate op.101 kombinieren, das wären mir dann doch zu viele vertrackte Fugen auf einmal...
ONETZ: Vor ein paar Wochen ist der offizielle Startschuss zum großen Beethoven-Jubiläumsjahr gefallen. Wie stehen Sie als ausgewiesener Spezialist und Kenner eigentlich zur großflächig einsetzenden Flut an Neuaufnahmen, Konzerten und Büchern?
Beethoven ist nicht kaputtzukriegen, er wird das Jubeljahr sicher irgendwie überstehen! Und bei neuen Büchern freue ich mich auf jeden Fall, da gibt es vielleicht neue Aspekte von Beethoven zu entdecken. Als Spezialist sehe ich mich aber nicht. Worauf ich aber sehr gespannt bin: Ich werde im Mai in Würzburg zum ersten Mal das Violinkonzert von Beethoven in der Klavierfassung spielen. Das ist dann wirklich was Spezielles...!
Service
Beim sechsten Abend des Beethoven-Zyklusses sind die Sonate „Les Adieux“ sowie die unbenamten Sonaten Nr. 22 F-Dur op. 54, Nr. 24 Fis-Dur op. 78, Nr. 25 G-Dur op. 79 und Nr. 28 A-Dur op.101 zu hören. Tickets im Vorverkauf bei der Tourist Information Amberg, Tel. 09621/101233.
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