Amberg
09.12.2018 - 12:32 Uhr

Klang-Poeten im Musiksalon

Wandlungs-Wunder: Dorothea Seel (Querflöte) und Christoph Hammer (Klavier) musizieren am Freitagabend bei der Konzertreihe der Stadt Amberg. Dabei transformieren sie das Theater in einen intimen Musiksalon.

Christoph Hammer und Dorothea Seel (mit der Julius-Max-Bürger-Flöte von 1880) begeistern im Amberger Stadttheater. Der Bösendorfer-Flügel von 1850 stammt aus der Sammlung Heinrich. Auf dem Hocker liegt die Johann-Ziegler-Flöte von 1830. Bild: Peter Donhauser
Christoph Hammer und Dorothea Seel (mit der Julius-Max-Bürger-Flöte von 1880) begeistern im Amberger Stadttheater. Der Bösendorfer-Flügel von 1850 stammt aus der Sammlung Heinrich. Auf dem Hocker liegt die Johann-Ziegler-Flöte von 1830.

Eine der drei Säulen des Konzerts im Stadttheater die historischen Instrumente: Da wäre einmal der Bösendorfer-Flügel von 1850 (Sammlung Heinrich) mit Holzrahmen und Eisenspreizen, ohne Gussplatte, die Saiten parallel gespannt, die Hämmer mit Lederkern, Filz und Intonierleder bezogen. Sein Klang ist diskret und doch sinnlich, der Farbenreichtum der Register fasziniert. Bei den ältesten Stücken (1825/26) bringt er fast zu viel Volumen über die Rampe. Dann die exquisiten originalen Flöten: Ziegler (Wien, 1830), Rudall & Rose (London 1825) und die schwarze Bürger (Straßburg, 1880). Wie sehr der Holz-Querflöten-Klang die Seele berühren kann, zeigt die Scottish Air solo „Roslin Castle“ von Charles Nicholson (1821). Dorothea Seel spielt sie mit magischer Suggestion, mit allen historisch überlieferten technischen Finessen, das englische Instrument mit seiner mystischen Klangaura erlaubt Glissandi, vier verschiedene Arten von Vibrato, die ungeahnten Klänge gehen unter die Haut!

Vergesset mir die Meister nicht!

Die zweite Säule bildet die erlesene, weitgehend unbekannte Literatur: Das elegisch endende Rondo von Mozarts Sohn Franz Xaver (1791-1844), die fantasievolle Rhapsodie von Joseph Rheinberger (Verbindung zu Oberpfälzer Komponisten: Lehrer von Hans Koessler und Beer-Walbrunn, Kontakte zu Max Reger). Mit Mendelssohn- und Schumann-Genen geklont die „Undine-Sonate“ op. 167 von Reinecke inklusive irrlichternden Flöten-Akzenten und feurigem Intermezzo. Noch mehr musikalische Intensität nach der Pause: Die mit delikatem Vergnügen wie auf dem Silbertablett servierte „Polonaise de Caraffa“ op. 8 des Flötisten und Instrumentenbauers Theobald Böhm. Das hingezauberte Salonstück op. 155 von Adolf Terschack. Die finger- und halsbrecherisch schwere „Ungarische Rhapsodie“ op. 25 von Rudolf Tillmetz, wie beim Czardas alternieren verborgen lodernde Leidenschaft und Funken sprühende Ausbrüche.

Informiert und begeisternd!

Last not Least die dritte Säule, die beiden exzellenten Solisten, die den Abend auch locker moderieren: Dorothea Seel, Dozentin am Mozarteum, die traumwandlerisch sicher zwischen den Flöten wechselt, von denen jede andere Griffe verlangt. Kein Wunder: Sie hat sich in ihrer Dissertation von 2017 intensiv mit der Flöte im 19. Jahrhundert befasst. Staunenswert ihre schier mühelose Virtuosität! Für Christoph Hammer, gebürtig in Ensdorf, Professor für historische Tasteninstrumente am Leopold-Mozart-Zentrum Augsburg ist der Abend ein Heimspiel. Mit Richard Wagners Albumblatt Es-Dur (1875) „Ankunft bei den schwarzen Schwänen“ lässt sich sein poetisch beredtes Klavierspiel charakterisieren: Außerordentlicher Klangsinn, improvisatorisch frei ausschwingende Phrasen, emotional ausgespürte Melodien fern jeder mechanistischen Kühle. Als Zugabe „Leise flehen meine Lieder“ aus Schuberts „Schwanengesang“ in Bearbeitung von Theobald Böhm.

 
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