Amberg
11.11.2019 - 10:49 Uhr

OTH Amberg fährt autonom

Autonomes Fahren ist eine der Schlüsseltechnologien, die für die Zukunft des Autostandorts Deutschland entscheidend ist. Mit an vorderster Front: OTH-Professor Alfred Höß und sein Amberger Team.

Forschungsfahrzeug und Automotive-Team der OTH Amberg-Weiden: (von links) Heike Lepke, Johanna Steindl, Mathias Schneider, Daniel Scharf, Josef Schmid, Professor Alfred Höß, Martin Fischer und Seifeddine Saadani. Bild: OTH Amberg-Weiden
Forschungsfahrzeug und Automotive-Team der OTH Amberg-Weiden: (von links) Heike Lepke, Johanna Steindl, Mathias Schneider, Daniel Scharf, Josef Schmid, Professor Alfred Höß, Martin Fischer und Seifeddine Saadani.

Manchmal muss es schnell gehen: "Die Einladung des bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft kam sehr kurzfristig", sagt Professor Alfred Höß süffisant lächelnd, "wir haben mit vier weiteren Forschergruppen, drei von Universitäten, eine von einer anderen Hochschule, bei einem Pressegespräch zum Hype-Thema KI in München unser Projekt Prystine (Programmable Systems for Intelligence in Automobiles) vorgestellt."

Der Vizepräsident der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden präsentierte den Beitrag seiner Gruppe aus sieben wissenschaftlichen Mitarbeitern und studentischen Hilfskräften der Fakultät Elektrotechnik, Medien, Informatik an dem europäischen Forschungsprojekt. Infineon initiierte den großen Wurf in Sachen autonomes Fahren, beteiligt sind BMW, Maserati, Ford, Scania oder TTS. "Unser Anteil am Budget von 51 Millionen Euro für 59 Partner aus 14 Ländern (EU, Israel und der Türkei) beträgt 600 000 Euro", sagt der Hamberger (bei Parsberg).

Das Ziel des Unternehmens: "Wir wollen die höchste Stufe automatisierten Fahrens auf einer Skala von 1 bis 5 erreichen - das ist auf Landstraßen und in der Stadt viel anspruchsvoller als auf der Autobahn." Seit 2006 forschen Höß und Kollegen in dem Bereich. Dabei wurden Assistenzsysteme entwickelt, die einige Hersteller bereits zur Marktreife geführt haben. "Im Vorgängerprojekt Ko-HAF - kooperatives hochautomatisiertes Fahren - haben wir Teile der digitalen Karte vom Server ins Auto übertragen", erklärt der 56-Jährige. Alles andere als banal, denn: "Wenn sich etwas ändert, etwa durch eine Wanderbaustelle, muss diese Information an die automatisierten Fahrzeuge via Mobilfunk weitergeleitet werden."

Zurücklehnen und lesen

"Damit ein Auto selbstständig fahren kann, braucht es präzise Karten", ein Problem, das die Oberpfälzer im neuen Projekt lösen wollen: "Wenn etwa ein Stein auf der Straße liegt, zeichnet das erste mit Sensorik ausgerüstete Fahrzeug die Gefahrenquelle auf, meldet sie an den Server, der aktualisiert die Karte und gibt die Änderungen an alle automatisierten Fahrzeuge zurück."

Eine Menge Faktoren müssen koordiniert werden, um die Zuverlässigkeit eines solch komplexen Systems zu garantieren: "Wir kombinieren ein Sensorsystem mit einer Kamera, dem LIDAR - light detection and ranging, eine dem Radar verwandte Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung - und Zusatzinformationen wie Kartenaktualisierungen und Staumeldungen in einem komplex strukturierten Gebiet wie Landstraße oder Stadt", sagt Höß.

"Aber das erfordert noch immer in einigen Fällen die Übernahme des Fahrers." Dass der sich zurücklehnen und lesen darf, sei auf der Autobahn noch einfach zu lösen: "Da gibt es Fahrzeuge, Fahrspuren und Leitplanken", sagt Höß, "aber in der Stadt läuft ein Hund neben der Straße, eine Frau mit Kinderwagen, ein Radfahrer kommt hinter parkenden Autos hervor - der Computer muss planen, was passieren kann." Dazu seien lernende Systeme erforderlich und dazu große Mengen an zu übertragenden Daten.

Viele Daten in kürzester Zeit

"Unser Part ist es, diese Kommunikation zu optimieren", erklärt der Wissenschaftler, "mit möglichst geringer Latenz und in kurzer Zeit möglichst viele Daten zu übertragen." Dazu müsse vorausschauend die bestmögliche Übertragungsqualität eruiert werden: "Das lernende System prognostiziert, dass etwa in 20 Sekunden die Qualität bei Vodafone schlechter wird und auf Telekom umgeschaltet werden muss." Ein Balanceakt ist die optimale Nachrichtenlänge: "Bei schlechter Verbindung sind kurze Nachrichtenlängen vorteilhaft, bei guter gehen auch längere." So müsse bei einer Unterbrechung nur eine kurze Nachricht erneut gesendet werden.

Eine weitere Optimierung der Kommunikation betreffe die Priorisierung der Nachrichten: "Sicherheitsrelevante Informationen werden höher priorisiert als Social-Media-Chats von der Rückbank", sagt Höß. "Entscheidend ist die Prädiktion der Verbindungsqualität, für die wir Methoden der Künstlichen Intelligenz einsetzen."

 
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