Amberg
12.10.2018 - 09:12 Uhr

Rüffel vom Presserat

Auf seinen Sitzungen in Berlin hat der Presserat wieder Rügen erteilt. Die Zeitungen hatten unter anderem Persönlichkeitsrechte verletzt.

  • Rüge für Wohnzimmer-Foto eines Vergewaltigungsopfers

Bild.de wurde gerügt für die Veröffentlichung eines Beitrages unter der Überschrift "Vergewaltigung im Beisein von zwei Kindern?", der über die Festnahme eines Mannes in Dortmund informiert. Ihm wird vorgeworfen, eine Bekannte vor den Augen zweier Kinder vergewaltigt zu haben. Beigestellt war dem Artikel ein Foto, das das Wohnzimmer des Opfers zeigt, in dem die Tat geschehen sein soll. In der Veröffentlichung dieses Bildes sieht der Presserat eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes nach Ziffer 8, Richtlinie 8.8 Pressekodex, nach der der private Wohnsitz einen besonderen Schutz genießt.

  • Unfallopfer darf nicht zu erkennen sein

Die Online-Ausgabe der Siegener Zeitung erhielt eine öffentliche Rüge für die Berichterstattung über eine mutmaßliche Straftat auf einer Straße in der Innenstadt. In dem hierzu veröffentlichten Video war eine dramatische Szene zu sehen: Der Autofahrer beschleunigte sein Fahrzeug auf einen Fußgänger zu und schleifte den Mann gut 20 Meter über den Asphalt. Das Opfer, das anschließend benommen auf der Bordsteinkante hockte, war erkennbar. Anders als das Standbild innerhalb des Textbeitrages war das Gesicht des Angefahrenen im Video nicht verpixelt. Der Beschwerdeausschuss für den Redaktionsdatenschutz sah hier das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Opfers verletzt (Ziffer 8 Pressekodex).

  • Foto aus Jugendtagen muss gelöscht werden

Eine weitere öffentliche Rüge sprach der Ausschuss Redaktionsdatenschutz gegen die Nordwest-Zeitung aus. Sie hatte 2007 über eine Sozialaktion von Konfirmanden berichtet und dabei unter anderem den seinerzeit minderjährigen Beschwerdeführer abgelichtet. Dieser stellte dann erst kürzlich fest, dass das Online-Angebot der Zeitung den alten Artikel mit ihm als Kind weiterhin zum Abruf bereitstellt. Während der Beschwerdeführer dies für einen Verstoß gegen sein Datenschutzrecht hielt und eine Anonymisierung seiner personenbezogenen Daten anstrebte, vertrat der Verlag den Standpunkt, dass es sich bei dem Foto um ein Dokument der lokalen Zeitgeschichte handele. Der Presserat stellte bei seiner Bewertung auf das Foto aus dem Jahr 2007 ab und vermisste bei der Veröffentlichung desselben eine Einwilligung der Eltern. Da die Zeitung dem Anonymisierungs-Wunsch des jungen Mannes nicht nachkam, erkannte der Ausschuss in dem Vorgang insgesamt eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen und sah darin einen schwerwiegenden Verstoß gegen den Pressekodex (Ziffer 8).

  • Missbilligung für öffentliche Facebook-Recherche zu Polizeieinsatz an einer Schule

Missbilligt wurde auch die öffentliche Recherche einer Tageszeitung via Facebook. Die Redaktion hatte die User dazu aufgerufen, ihr im Hinblick auf einen durch einen Schüler an einer Schule ausgelösten Polizeieinsatz über die Kommentarfunktion Informationen zu dem Vorfall zu liefern. Der Presserat kritisierte hier insbesondere die öffentliche Antwortmöglichkeit, durch die die Gefahr bestand, dass redaktionell ungeprüfte Informationen verbreitet werden.

  • Beschwerden zum Bericht über Krebserkrankung von Asma al-Assad unbegründet

Für unbegründet erachtete der Presserat zahlreiche Beschwerden zu einem Kommentar über die Krebserkrankung der Ehefrau des syrischen Diktators Baschar al-Assad. Eine Zeitung fragte in ihrer Überschrift: "Darf man sich freuen, dass Syriens mörderische Mutter Krebs hat?". 26 Leser sahen in dem Artikel die Menschenwürde von Asma al-Assad beziehungsweise die Gefühle von Krebskranken verletzt. Der Presserat dagegen beurteilte den Text als presseethisch in Ordnung. Die Redaktion hatte schadenfrohe Kommentare auf Twitter über die Erkrankung von Asma al-Assad zum Anlass genommen, um über die Legitimität von Schadenfreude nachzudenken. Sie beantwortete die Frage aus christlicher Sicht klar mit Nein und distanzierte sich damit von den Twitter-Kommentaren.

Die Statistik der jüngsten Sitzungen des Presserats: 5 öffentliche Rügen, 15 Missbilligungen und 34 Hinweise. Das Gremium bewertete 6 Beschwerden als begründet, verzichtete jedoch auf eine Maßnahme. 59 Beschwerden wurden als unbegründet erachtet.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.