Amberg
16.04.2019 - 17:20 Uhr

Temperamentvoll mit Tiefgang

Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom "Hauptmann von Köpenick"? Verfilmt wurde die Tragikomödie von Carl Zuckmayer mehrfach. Nun brachte sie Regisseur Heiko Stang in Amberg als Musical auf die Bühne.

Unter Regie von Heiko Stang: Der „Hauptmann von Köpenick“ begeisterte als Musical im Amberger Stadttheater. Bild: Wolfgang Steinbacher
Unter Regie von Heiko Stang: Der „Hauptmann von Köpenick“ begeisterte als Musical im Amberger Stadttheater.

Die bekannte, historisch belegte Story vom Schuster Wilhelm Voigt, der rechtschaffen arbeiten möchte, aber als Vorbestrafter keine Chance hat, ist als Musical eine Herausforderung. Sind doch die Verfilmungen - insbesondere mit Heinz Rühmann - noch gut in Erinnerung.

Doch Regisseur Heiko Stang schuf mit seiner Musik und den Liedtexten in kongenialer Anlehnung an Zuckmayers Vorlage ein Musical, das am Sonntagabend auf der Bühne des Amberger Stadttheaters keine Vergleiche zu scheuen braucht. Das Milieu der kaiserlichen Zeit in den frühen 20er-Jahren wurde in Kostümen, Bühnenbild und Musik eingefangen. Dieses Musical stellt den Menschen Wilhelm Voigt in den Mittelpunkt. Wegen kleinerer Delikte ist er vorbestraft. Papiere hat er bei seiner Entlassung nicht erhalten.

Kampf gegen Bürokratie

Eine Aufenthaltsgenehmigung bekommt er nur, wenn er Arbeit hat. Arbeit findet er nur, wenn er eine Aufenthaltsgenehmigung vorweisen kann. Diesen Teufelskreis zu durchbrechen, bemüht sich Wilhelm Voigt mit großer Geduld - denn er will ehrlich arbeiten. Auf der Suche nach Anerkennung kommt Voigt in die verschiedensten Situationen. Ob in Amüsier-Lokalen mit Tingel-Tangel-Damen, in Amtsstuben oder Handwerksbetrieben, überall trifft er auf Menschen, die ums Überleben kämpfen. Ihm indessen machen vor allem bürokratische Überheblichkeiten zu schaffen: Wer keine Uniform trägt, keinen militärischen Rang innehat, ist nur ein Mensch niederer Klasse. In fast 20 Szenen wird Wilhelm Voigts Weg nachgezeichnet, mit eingängigen Liedern voll Schwung und Leichtigkeit, Temperament und Komik, aber nie ohne Tiefgang.

Schicksal bleibt offen

Wilhelm Voigt wird dargestellt als ehrliche Haut, als geduldiger Mensch, der auch in den Abweisungen und Enttäuschungen seine Würde behält. Die Verkleidung als Hauptmann ist ihm das letzte Mittel, um an einen Pass und damit an eine Aufenthaltsgenehmigung zu kommen. Weil das beschlagnahmte Rathaus aber keine Passabteilung hat, scheitert er auch hier. Der "geschichtliche" Voigt wird nach diesem Streich vom Kaiser begnadigt. Im Musical, in dem alle "Würdenträger" den falschen Hauptmann amüsiert und anerkennend in ihre Mitte nehmen, sogar ein Foto mit ihm in Uniform machen, bleibt sein weiteres Schicksal offen.

Gelegentliche Längen kann Regisseur Stang nicht vermeiden, herausragend aber spielt Maximilian Nowka als Wilhelm Voigt. Er ist "die Seele" des Musicals. Als geduldiger Bittsteller oder aufbegehrender Verzweifelter im Dialog mit seinem Schwager spielt er fantastisch. Das Bühnenbild von Heiko Stang, die Choreographie von Szilvia Wolf und das Symphonic Pop Orchestra unter der Leitung von Kathleen Bird tragen zu einer gelungenen Aufführung bei.

 
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