Amberg
28.10.2019 - 16:07 Uhr

Umgeben von Klang-Anarchie

"Passo Avanti" heißt eigentlich "einen Schritt vorwärts". Die vier Musiker, die am Freitagabend zu Gast im Amberger Stadttheater waren, veranstalteten aber ein übermütiges Rennen - mit Klassikern und daraus improvisierten Eigenkreationen.

Mit Mozarts„Abschiedsszene“ ging es los. Das Quartett „Passo Avanti“ hauchte mit unbändiger Spielfreude und Virtuosität Klassikern ein neues Leben ein. Bild: Petra Hartl
Mit Mozarts„Abschiedsszene“ ging es los. Das Quartett „Passo Avanti“ hauchte mit unbändiger Spielfreude und Virtuosität Klassikern ein neues Leben ein.

"Passo avanti" bedienen sich bei Komponisten wie Mozart, Bach oder Chopin. Und genau das macht den Musikern, die Klassik und Jazz studiert haben und ihr Instrument bis zur letzten Finesse beherrschen, einen Heidenspaß.

Für ihre Spezialmixturen nehmen Bandleader, Klarinettist, Saxofonist, Flötist und Komponist Alexander von Hagke, die Geigerin Doren Dinglinger, der Gitarrist Lucas Campara Diniz und Georgi Makoshvili (Kontrabass) geniale Kompositionen von weltberühmten Komponisten und kreieren daraus ebenso geniale Jazzinterpretationen. Die Unikate werden mit freien Improvisationen und lockerem Spiel garniert. "Wenn Sie uns das nächste Mal mit den gleichen Stücken hören, werden Sie sie wahrscheinlich teils nicht mehr wiedererkennen." Die Vorgehensweise liefert Alexander von Hagke in der Moderation gleich augenzwinkernd dazu. Die Stücke werden an die Decke geworfen und die purzelnden Töne wieder aufgefangen und verarbeitet. Apropos Töne - auch das Publikum darf sich einbringen. Als Vorlage dient der berühmte Kanon von Pachelbel. In zwei Hälften geteilt wurde geprobt, dann steigen Geige und Klarinette mit ein. Gitarre und Kontrabass jagen rockig mit...

Raffiniert und exotisch

Zum Programmauftakt wird "Mille regretz" von Josquin Desprez gewählt, in schillernden Klangfarben mit Fantasiearabesken, exotischen Empfindungen, Czigan-Weisen und raffiniertem Tempowechsel gemixt. Es folgen Mozarts Trennungslied in lateinamerikanischem Stil und die Ouvertüre zu Mozarts "Le Nozze de Figaro" im neuen Gewand. Die bekannten Melodien ertönen - aber dann wird gewechselt in Jazzharmonien und -rhythmen. Immer wieder mal blitzt Mozart auf, um sogleich wieder in einer Klanganarchie zu versinken. Die musikalische Grundidee des Meisters bleibt, aber "Passo Avanti" geben ihren Senf dazu: neu, überraschend, mal scharf, mal süß.

Zurück zur Klassik

Quicklebendig werfen sie sich die Töne zu, experimentieren damit und strahlen über das gelungene Ergebnis. Brillant ihr Spiel, selbstbewusst erfrischend ihr Auftritt. Echoeffekte, Dissonanzen und Samplingmethoden scheuen sie nicht. Verwendet wird alles, was und wie es ihnen passt. Am Ende finden sie ja sowieso zum klassischen Meisterwerk zurück. Übrigens mischen die vier auch Eigenkompositionen von Alexander von Hagke in ihr Programm. Eine poetische Tonmalerei wie "Reigen der Elfen" oder die stimmungsvolle Melodie "Summer in Skane" bringen sie ebenso perfekt und übermütig wie die Klassiker auf die Bühne. Von Hagke wechselt von der winzigen Piccoloflöte zur monströsen Bass-Klarinette. Zwischendrin bedient er das Mikrofon, das nicht immer so will wie er, und moderiert charmant durch das Programm. Der brasilianische Gitarrist Lucas Campara Diniz (nebenbei auch noch Taekwondo-Meister) zupft auf klassischer Gitarre genauso brillant, wie er auch die Stahlseiten der Jazzversion zum Schwingen bringt. Er verschmilzt förmlich mit der Musik.

Von zart bis hart

Die Geige darf bei Doren Dinglinger so ziemlich alles. Sie singt, klingt und kratzt, sie wird gestreichelt, gehetzt und gequält - alles, um zum jazzig-klassischen Top-Höhepunkt zu gelangen. Mit dem großen Kontrabass kennt sich Georgi Makoshvili, der für den verhinderten Cellisten eingesprungen ist, hervorragend aus. Seine Finger bearbeiten die Saiten mit unnachahmlichem Gefühl. Von zart bis hart lenkt er die Stimmungsvariablen und sorgt für Bodenhaftung. Immer weiter hat sich das Publikum in die temperamentvolle Präsentation hineingehört und belohnt den Konzertabend mit rhythmischem Klatschen.

 
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