Angst, von der Redaktion "verraten" zu werden, braucht keiner zu haben. "Die Presse wahrt das Berufsgeheimnis, macht vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und gibt Informanten ohne deren ausdrückliche Zustimmung nicht preis", heißt es im Pressekodex, dem sich auch Oberpfalz-Medien verpflichtet fühlt. Die vereinbarte Vertraulichkeit ist grundsätzlich zu wahren.
In der Richtlinie 5.1 (Vertraulichkeit) des Kodex wird weiter erläutert: "Hat der Informant die Verwertung seiner Mitteilung davon abhängig gemacht, dass er als Quelle unerkennbar oder ungefährdet bleibt, so ist diese Bedingung zu respektieren. Vertraulichkeit kann nur dann nicht bindend sein, wenn die Information ein Verbrechen betrifft und die Pflicht zur Anzeige besteht. Vertraulichkeit muss nicht gewahrt werden, wenn bei sorgfältiger Güter- und Interessenabwägung gewichtige staatspolitische Gründe überwiegen, insbesondere wenn die verfassungsmäßige Ordnung berührt oder gefährdet ist." Letzteres kommt in unserem Redaktionsalltag nun aber nicht so häufig vor.
Viele Fragezeichen
Leser, die etwas bewirken möchten, sollten sich nicht anonym an die Redaktion wenden. So machte dieser Tage ein Unbekannter, ohne seinen Namen zu nennen, auf eine illegale Müllentsorgung aufmerksam. Dafür könnte ein ehrenhaftes Ansinnen Motivation sein. Aber warum versteckt sich dieser Mensch hinter der Anonymität? Dazu gäbe es doch keinen Grund. Oder doch?
Dem Schreiben an die Redaktion beigelegt: eine angebliche - natürlich anonyme - Anzeige beim Landratsamt. Als "Beleg" schlecht tauglich. Es könnte sich um ein fingiertes Schriftstück handeln. Auch die mitgeschickten Fotos sind letztlich kein eindeutiger Beweis dafür, dass es die angeprangerte illegale Müllentsorgung so tatsächlich gegeben hat. Bilder können lügen ...
Dabei könnte der Hinweisgeber der Redaktion möglicherweise weitergehende Informationen liefern, an die sie vielleicht sonst nicht herankommt. Doch wenn sie nicht weiß, mit wem sie es zu tun hat, kann sie nicht in diese Richtung tätig werden. Dabei wäre in diesem Fall die eingangs erwähnte Vertraulichkeit zugesichert. Wer also möchte, dass sich die Redaktion um ein Thema kümmert, der sollte sich ihr unbedingt zu erkennen geben.
In den Papierkorb
"Wenn uns Anonymus etwas mitteilen möchte": Unter dieser Überschrift war vor gut einem Jahr auf der immer samstags erscheinenden Leseranwalts-Seite bereits ausführlich dargestellt, dass die Redaktion mit Zuschriften, die keinen "greifbaren" Absender haben, oft überhaupt nichts anfangen kann und in der Regel auch nicht möchte, aus grundsätzlichen Erwägungen heraus. Anonyme Zuschriften sind mit Vorsicht zu genießen. Vielleicht trägt sich der Mitteiler ja mit bösen Absichten, möchte jemandem am Zeug flicken, Stichwort üble Nachrede.
Wer hingegen nur redliche Absichten hat, der sollte, will er Gehör finden, Angaben wie Name, Anschrift, Telefonnummer und Mail-Adresse als Selbstverständlichkeit erachten. Wer meint, darauf verzichten zu können, der muss damit rechnen, dass seine Zuschrift im Papierkorb landet. Nur in Ausnahmefällen wird sich die Redaktion mit anonymen Briefen oder Anrufen befassen
Sensibles Material landet bei Zeitung
Amberg/Weiden. Redaktionen müssen mit persönlichen Daten von Lesern und Informanten umsichtig umgehen und gewissenhaft zwischen der Pressefreiheit und dem Datenschutz abwägen. Dazu nachfolgend ein Beispiel aus der Spruchpraxis des Deutschen Presserates, in dem erläutert wird, ob der Datenschutz-Aspekt im Kodex verletzt wurde oder ob die Redaktion korrekt gearbeitet hat.
Der Fall:
Eine Lokalzeitung berichtet über eine Pflegeeinrichtung, in der sensible Patientendaten verloren gegangen sind. Der Redaktion liegt die entsprechende Liste im Original vor. Nachdem sie den Inhalt kopiert hat, schickt die Zeitung das Original an die Einrichtung zurück.
Das unabhängige Landeszentrum für Datenschutz wendet sich an den Presserat, da es sich um einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung handele. Der besondere Schutz der Betroffenen auf Vertraulichkeit dieser Daten kollidiere mit dem berechtigten Interesse der Presse auf die Dokumentation des Sachverhalts.
Die Redaktion sagt:
Der stellvertretende Chefredakteur ist der Auffassung, dass der äußerst nachlässige Umgang mit den Patientendaten von öffentlichem Interesse sei und eine Veröffentlichung rechtfertige. Die Pflegeeinrichtung habe vor der Veröffentlichung Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Sie habe auch die Original-Liste zurückbekommen. Eine Kopie sei in der Redaktion – auch zur Beweissicherung – verblieben.
Die Redaktion sei in der Berichterstattung sehr sensibel mit den Daten umgegangen. Keine der in der Liste genannten Personen sei zu identifizieren gewesen. Die Zeitung garantiere im Hinblick auf die dort verbliebene Kopie die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses.
Es sei jedoch erforderlich, die Unterlagen aufzubewahren. Sonst könne die Pflegeeinrichtung die Existenz der Liste und ihren Inhalt im Nachhinein leugnen. Ohne Kopie hätte die Redaktion nicht mehr die Möglichkeit, im Fall eines Falles das Gegenteil gerichtsfest zu beweisen. Der reine Besitz der Daten und deren Kenntnis könne insofern kein Problem im Hinblick auf den Datenschutz sein.
Der Presserat sagt:
Die Zeitung hat den redaktionellen Datenschutz geachtet. Insofern ist die Beschwerde unbegründet. Die Redaktion hat die Liste mit den Originaldaten an die Pflegeeinrichtung zurückgegeben. Es ist zulässig, dass sie die kopierten Unterlagen zur Beweissicherung behält. Die Zeitung muss unter Umständen bei Streitigkeiten über Archivinhalte auch Jahre nach einer Veröffentlichung beweisen können, auf welcher Basis ihre seinerzeitige Veröffentlichung erfolgte.
Die Interessen der Betroffenen sind ausreichend gewahrt, wenn die Daten im Besitz der Zeitung datenschutzgerecht behandelt werden.













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