Bankkunden verfallen dem Goldrausch

28.06.2020 - 15:30 Uhr
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Toilettenpapier, Trockenhefe, Nudeln: Auf dem Höhepunkt der Coronakrise waren viele Dinge des täglichen Lebens schwer zu bekommen. Aber auch Bankkunden, die Geld in Edelmetall anlegen wollten, mussten zuletzt sehr viel Geduld mitbringen.

Es muss ja nicht gleich eine 1000-Gramm-Goldmünze wie die „Nugget Känguruh“ sein. Aber Gold ist in Münz- oder Barrenform generell als Geldanlage in Krisenzeit sehr begehrt.

In Krisenzeiten strahlt Gold noch magischer. Bis zu einem Monat lang mussten Kunden auf dem Höhepunkt der Coronapandemie in der Warteschleife ausharren, um Goldmünzen oder -barren zu erwerben. Selbst bei Silber kam es vereinzelt zu Lieferengpässen. "Ich bin seit 34 Jahren im Bankgeschäft. Solch einen Ansturm habe ich noch nicht erlebt", sagt Bernhard Werner, Vorstandsvorsitzender der VR Bank Mittlere Oberpfalz (Kreis Schwandorf). Die Leute hätten alles gekauft, "wurscht, was es kostet" - von der Ein-Unzen-Münze bis hin zum Ein-Kilogramm-Barren. Und hier liege der Preis deutlich über 50 000 Euro, vor drei Jahrzehnten habe der Kilopreis umgerechnet nur 13 000 bis 14 000 Euro betragen.

Vorstandschef Werner bestätigte (wie seine Kollegen in der Region) Lieferzeiten von mehreren Wochen in den Monaten März und April. "Die Logistiker brachten die Ware Gold nicht mehr raus. Die Lieferketten stockten", berichtet Timo Kreuzer, Edelmetall-Experte der Sparkasse Oberpfalz Nord. "An eine solch starke Nachfrage kann ich mich nicht erinnern. Der Preis war völlig zweitrangig, Hauptsache Gold." Inzwischen seien die Kundenwünsche nach Gold "auf ein normales Maß" zurückgegangen. Über Jahrzehnte habe der Preisunterschied von Gold zu Silber 60 zu 1 betragen, heute liege er bei 70 zu 1. "Deshalb sehe ich bei Silber auch Chancen", betont Kreuzer.

Geradezu beflügelt fühlt sich Uwe Bergold durch den rasanten Kursanstieg des Golds auf neue Euro-Höchststände: "Der Goldpreis hat sich seit der Jahrtausendwende fast versechsfacht. Der Aktienindex Dax verlor im Vergleich zum Gold im gleichen Zeitraum etwa 70 Prozent an Wert." Bergold gilt als einer der gefragtesten Gold-Insider Deutschlands. Der einstige Absolvent der OTH Amberg-Weiden und im Kreis Schwandorf lebende Uwe Bergold ist Geschäftsführer der GR Asset Management und Partner des Goldhandelshauses Pro Aurum. Der Betriebswirt setzt derzeit auf Rohstoffe und Rohstoffaktien.

"Hände weg von Langfrist-Anlagen in Papiergeld", warnt Bergold. Er empfiehlt stattdessen den "inflationsgeschützten" Kauf von gängigen Goldmünzen und die "Beimischung" von Silber und etwas Platin sowie Goldaktien als Dividendenbringer. Trotz des Höchstpreises von Gold (Kurs: 1578,48 Euro pro Unze am 27. Juni) sieht er noch reichlich Potenzial nach oben. Seine Prognose: Bis zum Ende dieses Jahrzehnte werde der Goldpreis wohl auf 5000 Euro pro Unze klettern. Denn noch nie sei die Welt so verschuldet gewesen wie heute.

Tobis Graf, Bereichsleiter Private Banking der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz, berichtet, dass auf dem Höhepunkt der Corona-Krise "physisches Gold über unseren Lieferanten wochenlang nicht verfügbar war": "Die Kunden konnten zwar bestellen, wussten aber bedauerlicherweise nicht, welchen Goldpreis sie letztendlich zu bezahlen hatten." Inzwischen habe sich die Situation deutlich entspannt. Graf rät im Sinne der Vermögensabsicherung zu Goldmünzen und -barren in der Größenordnung von fünf bis zehn Prozent des Vermögens. Der Anlage-Fachmann setzt ausschließlich auf Gold, denn Silber sei deutlich spekulativer. "Silber und Platin unterliegen der Mehrwertsteuer, Gold nicht." Nachdem der Goldkurs auf dem US-Dollar beruhe, investiere der Kunde bei Gold zudem in die US-Dollar-Komponente, der Leitwährung.

Viermal so hoch wie in normalen Zeiten war nach Einschätzung von Josef Pflaum, Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Sparkassen NEW, der Ansturm auf Gold während des Lockdowns. "Es hat zwar gedauert, bis wir jeden Wunsch nach Gold erfüllen konnten, aber unsere Kunden wurden zu jeder Zeit gut bedient", unterstreicht der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Raiffeisenbank Amberg, Dieter Paintner. Silber nehme eine völlig untergeordnete Rolle ein, mit Goldmünzen für den Notfall seien die Kunden eindeutig besser gerüstet. Paintner stellt auch eine rege Nachfrage nach Schließfächern fest, "in einer Filiale mussten wir sogar anbauen".

Hintergrund:

Goldpreis auf höchstem Stand seit 2012

Der Goldpreis hat zuletzt beständig zugelegt – und am vergangenen Dienstag wurde der höchste Stand seit etwa siebeneinhalb Jahren erreicht. In der Spitze kostete eine Feinunze (31,1 Gramm) gut 1767 US-Dollar. Das ist der höchste Stand seit 2012. Das Rekordhoch von 1921 Dollar, erreicht im Jahr 2011, ist allerdings noch ein gutes Stück entfernt.

Beflügelt wird der Preis des Edelmetalls zurzeit gleich von mehreren Seiten. Zum einen investieren Anleger in das auch als Krisenwährung bekannte Metall, weil die Ungewissheit über den Fortgang der Pandemie hoch ist. Hinzu kommt das angespannte Verhältnis zwischen den USA und

China.

Ein weiterer Faktor, der für Gold spricht, ist das anhaltend niedrige Zinsniveau in vielen Ländern auf der Welt. Davon profitieren Anlagen wie Gold, die keine Zinsen abwerfen. Am Dienstag kam ein weiterer Faktor hinzu: ein schwacher US-Dollar. Da Gold meist in der amerikanischen Währung gehandelt wird, macht ein schwacher Dollar das Edelmetall für Anleger in Ländern außerhalb des Dollarraums erschwinglicher. Das lässt die Nachfrage steigen und sorgt somit für Preisauftrieb.

Beim Anbieter Degussa Goldhandel verfünffachten sich nach Unternehmensangaben zeitweise die Orders. „Die Nachfrage von privaten Anlegern nach physischem Gold in Form von Barren und Münzen ist seit dem Ausbruch des Coronavirus noch einmal enorm gestiegen“, erklärte Degussa-Volkswirt Thorsten Polleit. u gewesen. „Der ökonomische Kollaps in vielen Volkswirtschaften und die Rettungspakte, die die Regierungen und ihre Zentralbanken nun auf den Weg gebracht haben, feuern die Nachfrage nach Gold an.“ Denn die politischen Maßnahmen ließen sich nur dadurch finanzieren, dass die Notenpressen angeworfen würden. Die Inflation werde anziehen – was für Konsumenten bedeute, dass ihr Geld an Wert verliert. (dpa)

Deutschland & Welt14.04.2020
Kommentar:

Regionalbanken als sicherer Hafen in unsteten Coronazeiten

Von der emotionalen, ja sinnlichen Strahlkraft des Goldes mal abgesehen: In den global unsicheren Corona-Zeiten erweisen sich die Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen als der wahre „sichere Hafen“ für das Ersparte.
Auch wenn diese Banken und Geldinstitute lieber den Mantel diskreter Verschwiegenheit über die keinerlei Gewinn versprechende Liquiditätsflut breiten: Die Geldzuflüsse von anderen (europäischen) Geschäftsbanken und Online-Banken auf genossenschaftliche Konten und Sparkassen war besonders in den Monaten März und April signifikant. Diesen finanziellen Transfer bestätigten mehrere verantwortliche Banker den Oberpfalz-Medien hinter vorgehaltener Hand: „Die Kunden merken gerade in Krisenzeiten schnell, wo ihr Geld wirklich sicher ist.“
Denn die Haftungs-Instrumente bei dem lange Zeit als provinziell belächelten Geschäftsmodell der Genossenschaftsbanken und Sparkassen gehen meilenweit über die gesetzliche 100 000-Euro-Einlagensicherung hinaus. Das schafft Vertrauen. Neben den gravierenden wirtschaftlichen Schattenseiten durch die Corona-Krise steht einmal mehr die positive Erkenntnis: Unsere regionalen Geldhäuser sind die neue „Schweiz“ – und zwar vor Ort.

Clemens Fütterer

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