Mit Beschlüssen zum Ausbau der Photovoltaik und einer Erhöhung der Reservekapazitäten durch weitere Gaskraftwerke will die Staatsregierung der Energiewende in Bayern neuen Schwung verleihen. "Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt und gehen beim Umbau der Energieversorgung voran", bilanzierte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Ergebnisse der Kabinettssitzung am Dienstag. Der Klimawandel sei nicht zu akzeptieren, etwas dagegen zu tun, sei eine "ökologische und moralische Herausforderung". Bayern solle dabei "Modellregion" werden. Es gehe um eine intelligente Verbindung von Wirtschaft und Umwelt, sowie von Lifestyle und Nachhaltigkeit. Zudem müsse darauf geachtet werden, dass Klimaschutz "nicht nur etwas für Reiche" sei.
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien setzt die Staatsregierung wegen der überdurchschnittlich hohen Sonneneinstrahlung in Bayern vor allem auf die Photovoltaik. Dazu soll die bisherige Höchstgrenze von maximal 30 neuen Anlagen auf Acker- und Grünlandflächen in benachteiligten Gebieten auf 70 pro Jahr mehr als verdoppelt werden. Auf diese Weise könne die Bundesförderung für Photovoltaik auf Freiflächen in Bayern deutlich besser ausgeschöpft werden, erläuterte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Durch ein verbessertes Flächenmanagement sollen Konflikte mit der landwirtschaftlichen Nutzung vermieden werden. Um Solarstrom auch bei schlechtem Wetter oder in der Nacht zur Verfügung zu haben, setzt Aiwanger auf Innovationen bei der Speichertechnik.
Um Gaskraftwerke rentabler zu machen, hat der Freistaat nach Angaben Aiwangers beim Bund mehrere Eckpunkte durchgesetzt. So soll es künftig zum Beispiel einen "Kapazitätsbonus" für die süddeutschen Länder geben. Zudem wurde die Förderung des Baus von Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung bis 2030 verlängert. Dies biete kommunalen Stromerzeugern und Unternehmen die Chance, mit dezentralen Anlagen ihre eigene Strom- und Wärmeversorgung sicherzustellen. Beim Ausbau der Windkraft hält die Staatsregierung an der restriktiven 10H-Regel fest. Man wolle aber laut Aiwanger bei den Gemeinden dafür werben, durch entsprechende Beschlüsse eigenverantwortlich von den vorgeschriebenen Mindestabständen für Windräder abzuweichen.
Mit den Beschlüssen des Ministerrats sei in zentralen energiepolitischen Fragen ein Durchbruch erzielt worden, erklärte Aiwanger. "Wir sorgen dafür, dass die Lichter nach dem Atomausstieg nicht ausgehen." Die energiepolitische Sprecherin der SPD im Landtag, Annette Karl, bezeichnete das Energiekonzept der Staatsregierung als mangelhaft. "Die Energiewende hat nur eine Chance, wenn die 10H-Regel und die Photovoltaikbegrenzung fallen", sagte sie. Statt auf erneuerbare Energien zu setzen, drücke die Staatsregierung den Stromkunden teure Gaskraftwerke "aufs Auge". Vor dem Hintergrund, dass bereits bestehende Gaskraftwerke kaum am Netz seien, sei das "ein Stück aus dem Tollhaus". Martin Stümpfig (Grüne) bezeichnete die Kabinettsbeschlüsse weitgehend als "Aufguss bereits längst beschlossener Maßnahmen". Um Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren, brauche es eine umfangreiche Neuorientierung in allen Bereichen, unter anderem energische Maßnahmen bei Verkehr und Wärmeversorgung. Von einer konsequenten Klimaschutzpolitik, sei die Söders Regierung "meilenweit entfernt".
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.