In Bayern vorerst keine breit angelegte Corona-Analyse von Abwässern

München
22.07.2021 - 12:34 Uhr

Über das Abwasser aus Toilettenspülungen können Forscher Corona-Hotspots bis zu zehn Tage früher ausmachen als bisher. FDP und Grüne wollen die Methode rasch bayernweit einsetzen, CSU und Freie Wähler zögern.

Ein Chip wird in einem Labor für eine Genomsequenzierung beladen. Im Abwasser lässt sich zuverlässig die Entwicklung der Corona-Pandemie vorhersagen.

FDP und Grüne sind im Landtag mit einem Dringlichkeitsantrag zur Einführung eines flächendeckenden Corona-Frühwarnsystems in kommunalen Kläranlagen an CSU, Freien Wählern und AfD gescheitert. Durch den Einsatz der unter anderem von der TU München im Berchtesgadener Land erprobten Analyseverfahren sei es möglich, aus Abwasserproben bis zu zehn Tage früher als durch normale Corona-Testverfahren einen Infektionshotspot zu identifizieren, warb Dominik Spitzer (FDP) für den raschen Einsatz der Methode. Möglich werde dies, weil Infizierte bereits lange vor ersten Symptomen Genmaterial des Virus ausschieden und über die Toilettenspülung ins Abwasser abgäben. Auch die Ausbreitung neuer Virus-Mutanten könne so frühzeitig erkannt werden, erläuterte Spitzer. Damit könne es gelingen, vor dem Aufbau einer neuen Infektionswelle präventiv tätig zu werden.

Vorbereitung der vierten Welle zu spät

Anne Franke (Grüne) wertete es als "riesige Chance", ein Corona-Frühwarnsystem zu etablieren. Der große Vorteil sei, dass mit der Messmethode im Abwasser auch symptomfrei verlaufende Infektionen erfasst und damit gezielte Nachtests im Einzugsgebiet des jeweiligen Kläranlagenzulaufs möglich würden. Die EU-Kommission empfehle die Einführung des Testverfahrens bis spätestens 1. Oktober. Der von CSU und Freien Wählern geforderte Sachstandsbericht durch die Staatsregierung vor einer Entscheidung verzögere die Umsetzung dagegen bis weit in den Herbst hinein. Dann sei aber mit der Vorbeugung einer möglichen vierten Corona-Welle wahrscheinlich schon zu spät. Auch Spitzer mahnte, für lange Debatten habe man keine Zeit. "Wenn die vierte Welle rollt, können wir uns die Präventionsmessungen sparen", erklärte er. Eine Pandemie erfordere pragmatisches Handeln.

AfD: "Corona-Hysteriker"

Die CSU-Abgeordnete Barbara Becker trat dagegen für eine umfassende Information ein. Es würden derzeit mehrere Forschungsprojekte laufen. Am Ende gelte es, sich für das beste zu entscheiden. Selbst die TU-Forscher betonten, dass ihr Analysesysteme noch nicht komplett ausgereift sei. "Wir dürfen keine Scheinsicherheit durch ein irgendwie Loslegen schaffen", sagte Becker. Es gelte, die Maßnahmen "sauber zu planen und dann sauber umzusetzen". Dem schloss sich Benno Zierer (Freie Wähler) an. "Bevor wir uns festlegen, müssen wir wissen, welche Vorgehensweise die richtige ist", sagte er. Während die SPD allen Anträgen zustimmte, lehnte die AfD das ab. Ihr Abgeordneter Andreas Winhart sprach von einem "blinden Aktionismus der Corona-Hysteriker".

Deutschland & Welt30.05.2021
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