Wenn keine Lesungen stattfinden dürfen, dann müssen Autoren und Bücher eben direkt zum Leser nach Hause kommen. Kaum war die Idee geboren, griff Kristina Pöschl zum Aufnahmegerät und startete einen Literaturpodcast, der auch ausgewählte Musiker mit einbindet. Mittlerweile gibt es schon drei Folgen, die vierte erscheint demnächst. Aber der lichtung verlag hat noch mehr vor in den nächsten Monaten:
ONETZ: Frau Pöschl, wo erreiche ich Sie gerade?
Kristina Pöschl: Ich sitze gerade an meinem Schreibtisch zu Hause und arbeite von hier aus. Unser kleines Verlagsbüro mit drei Arbeitsplätzen ist derzeit immer nur mit einer Person besetzt, am Montagvormittag ist unsere Buchhalterin Petra da, an den restlichen Tagen wechseln meine Kollegin Eva Bauernfeind und ich uns ab. Es lässt sich bei uns leicht umsetzen, die Kontakte im Büro gering zu halten – trotzdem bin ich froh, wenn ich die anderen beiden wieder einmal sehen werde und nicht nur am Telefon spreche.
ONETZ: Und wie geht es Ihnen?
Mir geht es gut, in meinem Umfeld sind alle gesund. Für mich ist es ungewöhnlich, so viel zu Hause zu sein, normalerweise bin ich mehrmals wöchentlich bei Kulturveranstaltungen oder treffe Freunde. Langweilig wird mir trotzdem nicht. Traurig ist es, dass gerade so viele lange geplante Lesungen unserer Lichtung-Autoren gestrichen werden mussten.
ONETZ: Leipziger Buchmesse gestrichen, Lesungen abgesagt, Buchhandlungen über Wochen geschlossen – wie sehr leidet der Lichtung-Verlag unter Corona?
Es ist alles etwas ruhiger, aber bisher geht es uns ganz gut. Ich glaube, es kommt uns jetzt zugute, dass wir als kleiner, regionaler Verlag über unser Magazin Lichtung, aber auch über die Presse, die Buchhandlungen in Ostbayern und soziale Medien viele unserer Leser direkt erreichen können – und die haben auch in den vergangenen Wochen Bücher aus unserem Verlag bestellt. Auch einige Autoren sind sehr aktiv geworden und haben in ihrem Umfeld für ihre Bücher geworben.
ONETZ: Auch die Präsentation von Bernhard Setzweins neuem Werk „Das gelbe Tagwerk“ ist ins Wasser gefallen. Stünden in nächster Zeit noch weitere Neuerscheinungen an und wenn ja, wird der Lichtung-Verlag wie manch andere Verlage diese Termine nach hinten schieben?
Dass Bernhard Setzweins Lesungen ausfallen müssen, ist wirklich bitter, denn die Neuerscheinung von „Das gelbe Tagwerk“ ist ja mit seinem 60. Geburtstag verknüpft. Die Veranstalter hatten Buchvorstellungen zum Teil an besonderen Orten und mit tollen Musikern geplant. Wir haben uns entschieden, unsere Neuerscheinungen nicht zu verschieben – gerade jetzt braucht es doch neuen Lesestoff, oder? Als nächstes wird im Mai ein Gedichtband des Musikers und Komponisten Gerd Baumann erscheinen, er wird in einem Live-Stream eines Konzerts am 21. Mai ein paar seiner Gedichte lesen. Im August erscheint ein Gedichtband unseres Lichtung-Redakteurs Harald Dobler, im Herbst gibt es Neues von Harald Grill.
ONETZ: Als Ersatz für Lesungen im gewohnten Format haben Sie sich aber etwas Besonderes einfallen lassen. Was hat Sie auf die Idee zum Literatur-Podcast „Lichtung-Lesestunde“ gebracht?
Als die Ausgangsbeschränkung eingeführt wurde und die ersten Lesungen abgesagt wurden, habe ich überlegt, wie man den Lesern einen Ersatz bieten könnte. Video-Streams sind technisch aufwendig, Audio-Aufnahmen aber kann man im eigenen Wohnzimmer produzieren. Und das habe ich einfach mal an einem Wochenende ausprobiert: Ich habe ein gutes Aufnahmegerät zuhause, mit dem ich mich selbst aufgenommen habe, mit Hilfe von Youtube-Tutorials habe ich mich in ein Schnittprogramm eingearbeitet. Insgesamt steckt viel Arbeit dahinter, aber es hat alles gut geklappt und es hat sich gelohnt.
ONETZ: In der Premieren-Folge stellen Sie Anna Wheills Roman „Alles, was du angerichtet“ vor, Ulrike Anna Bleier und Bernhard Setzwein lesen selbst aus ihren Werken. Waren beide gleich Feuer und Flamme für das Projekt und wo ist es zu finden?
Ja, beide waren sofort dabei, sie haben selbst Aufnahmegeräte und Erfahrungen mit Aufnahmen, Bernhard Setzwein hat sogar die Musik von Mike Reisinger selbst dazugeschnitten. Auch die Musiker der ersten beiden Folgen, das Duo Jazz-ChriMi und der Pianist Sven Ochsenbauer, haben ohne Zögern zugesagt, mir ein Stück zur Begleitung der Lesungen zur Verfügung zu stellen. Die Lichtung-Lesestunde findet man auf allen gängigen Podcast-Plattformen wie I-Tunes, GooglePodcast oder Spotify, aber auch ganz einfach auf unsere Webseite.
ONETZ: Sind schon Fortsetzungen geplant?
Die nächsten Folgen sind schon in Arbeit. Stephan Zinner nimmt mit Unterstützung seines Sohnes eine Lesung aus seinem Buch „Die Badewanne des Todes“ auf, und ich möchte gerne als nächstes Friedrich Brandls neues Buch „Immer in Sichtweite“ vorstellen.
ONETZ: Könnten Sie sich vorstellen, das Format auch beizubehalten, wenn die Pandemie und ihre Folgen irgendwann einmal hinter uns liegen?
Ja, dieses Format werden wir auf jeden Fall in Zukunft beibehalten. Dann werden vielleicht nicht mehr in dieser Regelmäßigkeit neue Folgen des Podcasts erscheinen, aber unsere Buch-Neuerscheinungen möchte ich damit auch weiterhin vorstellen – ich denke, dass diese Kurz-Lesungen für zuhause Lust machen können auf unsere Bücher!
Zum Podcast
In der ersten Folge stellt Kristina Pöschl den Roman "Alles, was du angerichtet" von Anna Wheill vor, die Musik stammt vom Duo JazzChriMi. In der zweiten Folge liest Schriftstellerin Ulrike Anna Bleier aus ihrem Roman "Bushaltestelle", das Sven Ochsenbauer Trio begleitet musikalisch. Schriftsteller Bernhard Setzwein liest in der dritten Folge aus seinem brandneuen Buch "Das gelbe Tagwerk", musikalisch unterstützt wird er von Mike Reisinger. Demnächst erscheint Folge vier mit Kabarettist und Autor Stephan Zinner, der sein Buch "Die Badewanne des Todes" vorstellen wird. Auch eine Folge zu Friedrich Brandls "Immer in Sichtweite" ist geplant.
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