Die am Dienstag von Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbotene Neonazi-Gruppe "Hammerskins" ist auch in der Oberpfalz aktiv gewesen. Ein Mann aus Neumarkt ist "Vollmitglied" der Gruppe, sagt Jan Nowak von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern auf Anfrage von Oberpfalz-Medien. "Der Neumarkter Neonazi", so Nowak, "ist fest in die deutschland- und europaweiten Aktivitäten der Organisation eingebunden". In der Vergangenheit sei der Mann in der regionalen "Kameradschaft Altmühltal" aktiv gewesen und habe wiederholt an Neonaziaufmärschen teilgenommen. "Vor Ort ist er durch Aktivitäten in der Fanszene des 1. FCN aufgefallen und hat sich als Tätowierer versucht", sagt Nowak.
Am Dienstag teilte das Bundesinnenministerium mit, dass der rechtsextremistische Verein "Hammerskins" sowie seine regionalen Ableger und die Teilorganisation "Crew 38" verboten wurden. Im Zuge dessen kam es zu einer bundesweiten Razzia – in Franken wurden laut dpa-Informationen drei Wohnungen durchsucht. Rund 60 Polizisten, darunter auch Spezialkräfte, waren in Haßfurt (Landkreis Haßberge), Roden (Landkreis Main-Spessart) und Roßtal (Landkreis Fürth) im Einsatz. Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wohnen dort Mitglieder der im Freistaat ansässigen Chapter "Bayern" und "Franken" der Gruppe. Bundesweit sind 13 Chapter bekannt.
Rockkonzerte in Thüringen
In Bayern ist das Chapter "Franken" von größerer Bedeutung, es sei "deutlich aktiver" als das andere, erklärt Nowak. Die etwa 15 Mitglieder kommen "aus allen fränkischen Regierungsbezirken sowie den angrenzenden Regionen Hessens und der Oberpfalz". Relevant sei die Gruppe weniger durch "die Zahl ihrer Mitglieder, als vielmehr durch ihre wichtige organisatorische Rolle in der Rechtsrockszene". Hinzu kommen "die straffe, klandestine Organisierung, die internationale Vernetzung und der militante Charakter der Organisation".
Die Rechtsrockevents des fränkischen Chapters fänden in der Regel in Thüringen statt. Diese Konzerte haben eine "bundesweite Strahlkraft", so Nowak. Heimliche bundesweite Delegiertentreffen habe es aber auch in Franken gegeben, etwa im Februar 2019 in Lohr am Main (Landkreis Main-Spessart). Treffen sich die Mitglieder auf regionaler Ebene, bekomme das die Öffentlichkeit meist nicht mit. Die zwei bayerischen Gruppen "verhalten sich bei ihren Aktivitäten weitestgehend konspirativ", heißt es im Verfassungsschutzbericht von 2022.
Nicht bei jedem Mitglied Razzia
Die "Hammerskins Franken" haben wohl Verbindungen zur bereits verbotenen Neonazi-Vereinigung "Freies Netz Süd" und zur rechtsextremen Partei "Der III. Weg". Tony Gentsch – der führender Kader bei "Freies Netz Süd" war und nun bei "Der III. Weg" ist – trägt das Logo der "Hammerskins" als Tattoo im Nacken, sagt Thomas Witzgall von der Initiative "Endstation Rechts" auf Anfrage von Oberpfalz-Medien. Das "Freie Netz Süd" war vor Jahren in die Schlagzeilen gekommen, als es ein Haus im oberfränkischen Dorf Oberprex (Landkreis Hof) gekauft und dann als rechten Treffpunkt benutzt hatte.
Das Verbot der "Hammerskins" ist "längst überfällig", sagt Jan Nowak. Aber es sei "irritierend, dass anscheinend nur bei einem Bruchteil der Mitglieder Hausdurchsuchungen stattgefunden haben". Es bleibe abzuwarten, ob das Verbot konsequent durchgesetzt wird.
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