Das Landgericht Bayreuth hat den marokkanischen Fernfahrer Boujemaa L. (42) wegen Mordes in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Er habe die Amberger Studentin Sophia Lösche in Verdeckungsabsicht getötet.
Die 1. Strafkammer als Schwurgericht unter Vorsitz des Bayreuther Landgerichtsvizepräsidenten Bernhard Heim geht – wie auch die Staatsanwaltschaft – davon aus, dass Sophia Lösche unmittelbar am Abend ihres Verschwindens verstarb. Tatort sei am 14. Juni 2018 der Autobahnrastplatz Sperbes gewesen, so Richter Heim. Dies stehe für das Gericht nach der Hauptverhandlung fest. Ein finaler Tatort in Frankreich – wie von Bruder Andreas Lösche vermutet – sei mit der Beweisaufnahme nicht vereinbar.
Die Kammer war überzeugt, dass Sophia L. den Angeklagten zuvor bei einem sexuell motivierten Annäherungsversuch zurückgewiesen habe. Möglicherweise habe ihn die Studentin auch geohrfeigt. „Sie war eine freundliche, aufgeschlossene Frau, die sich aber auch nichts gefallen ließ“, sagte Heim. Sophia Lösche habe ihn zurückgewiesen. Der leicht reizbare Angeklagte sei massiv gekränkt gewesen. Er habe in „einem affektiv aufgeladenen Erregungszustand“ zugeschlagen. Die Richter kaufen ihm nicht ab, dass der Auslöser ein Streit um einen Haschischbrocken war. Heim: „eine Schutzbehauptung“.
Das Gericht glaubt dem geständigen Angeklagten aber insofern, dass die Tat aus zwei Komplexen bestand. Boujemaa L. schlug die Frau wutentbrannt nieder. Dann verließ er für 10 bis 20 Minuten das Führerhaus und dachte nach: Was tun? Sanitäter holen? Die Verletzte aussetzen? In dieser Zeit habe er den Tatentschluss gefasst, die noch lebende Studentin endgültig zu töten. Es folgte mindestens ein wuchtiger Schlag mit dem über ein Kilo schwerem Radmutternschlüssel, die seinem Opfer den Schädel zertrümmerten. Der Tod sei „in kürzester Zeit“ eingetreten.
Die Strafkammer stellte keine besondere Schwere der Schuld fest, wie von der Nebenklage in den Plädoyers gefordert. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Haftfortdauer nicht nach 15 Jahren überprüft wird. Aber auch so wird Boujemaa L. viele Jahre in der Zelle verbringen: Die durchschnittliche Dauer von lebenslänglichen Freiheitsstrafen beträgt statistisch fast 19 Jahre. Der Angeklagte hörte das Urteil regungslos. Nach Auskunft seines Verteidigers Karsten Schieseck (Bayreuth) neigt der Marokkaner dazu, das Urteil anzunehmen und keine Revision einlegen. Die Frist dafür wäre eine Woche.
Die Staatsanwaltschaft hatte letzte Woche eine lebenslange Freiheitsstrafe gefordert, ebenso die Nebenkläger. Diese plädierten aber zudem auf Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, die einen Haftüberprüfung nach 15 Jahren ausschließen würde. Die Verteidigung sah in ihrem Schlussvortrag einen Totschlag als gegeben und stellte eine Freiheitsstrafe „im zweistelligen Bereich“ anheim.
Heim saßen als beisitzende Richter Florian Losert und Christian Dirmeier sowie zwei Schöffenrichter zur Seite. Schon über eine Stunde vor Verhandlungsbeginn hatte sich der Vorplatz vor dem Justizpalast gefüllt, auch nach dem Urteil versammelten sich dort Freunde und Angehörige.
Die Zuschauerreihen waren bis auf den letzten Platz gefüllt. Der große Freundeskreis der getöteten Studentin Sophia Lösche aus Leipzig und Bamberg war bei jedem Verhandlungstag im Gerichtssaal, ebenso ihre Eltern und ihr Bruder als Nebenkläger.
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