Dass der Rettungsdienst gerufen wird und dazukommt, wenn eine Mutter ihr Kind zu Hause auf die Welt bringt, „das erleben wir vielleicht alle zwei Jahre einmal“, sagt BRK-Rettungsdienstleiter in Cham Dominik Lommer. Dass ein Baby auf der Straße das Licht der Welt erblickt – im Rettungswagen –, das ist gleich noch viel seltener. Erst recht in einer Konstellation, wie es zwei BRK-Notfallsanitäter mit Zwillingsmama Nicole Bachl erlebt haben.
Bach gebar, wie es in einer Pressemitteilung des BRK Cham heißt, am 25. August 2021 um 5.15 Uhr auf der Kreisstraße zwischen Schachendorf und Vilzing ihren Sohn Moritz. Im Rettungswagen mit Notfallsanitäter Christian Pauli und Stefan Dums. Moritz' Zwillingsbruder Jakob lag eineinhalb Stunden später im Krankenhaus in Cham in Bachls Armen. Die Kinder waren sechseinhalb Wochen zu früh dran.
Dank an die Helfer
Ein gutes halbes Jahr später schaut die 34-jährige Mutter mit ihren Jungs, ihrem Mann Sebastian (32) und Töchterchen Josepha (2) an der Rettungswache in Cham vorbei. Das Ehepaar aus Bad Kötzting dankt zum einen Dominik Lommer für die Hilfe bei der Ausstellung wichtiger Papiere. Zum anderen haben die Eltern ein Präsent für Pauli und den an diesem Abend verhinderten Dums dabei.
„Ich habe mich bei Euch gut aufgehoben und versorgt gefühlt“, sagt die Sprachheilpädagogin. Christian Pauli, der am 25. August Fahrer war, strahlt. „Danke! Das tut auch mal gut!“, antwortet er und hat wie das Ehepaar Bachl sofort eine Reihe an Details rund um die Notfallverlegung im vergangenen Sommer parat.
„Klar, man ist geschult dafür“, sagt er. „Aber es war doch für jeden eine Ausnahmesituation.“ Trotzdem sei zu keiner Sekunde Hektik ausgebrochen. „Es hat super geklappt“, sagt Pauli. Und Nicole Bachl bestätigt ihm und seinem Kollegen Stefan Dums: „Ihr wart sehr besonnen.“ Ansonsten seien die Geschehnisse an diesem Morgen ziemlich surreal gewesen. „Es war alles wie im Film“, sagt die 34-Jährige.
Fahrt nach Amberg
Nur einen Tag zuvor, erzählt Bachl, sei sie im Donauisar Klinikum in Deggendorf zur Geburtsanmeldung gewesen. Doch wie so oft im Leben kam alles anders. Am 25. August gegen 3.30 Uhr kündigen sich aus dem Nichts ihre Jungs an. „Eine der beiden Fruchtblasen ist geplatzt. Die andere war noch intakt“, sagt Bachl. Ihr Mann Sebastian berichtet, dass er seine Partnerin zunächst ins Auto setzen und mit ihr ins Krankenhaus fahren wollte.
Nur: Auf Nachfrage erfährt das Paar, dass die Frühchen-Station in der niederbayerischen Stadt belegt ist. Die Wahl fällt kurzfristig auf das Klinikum St. Marien in Amberg. Die Hebamme in Deggendorf rät den Bachls aber dringend, nicht mehr selbst zu fahren, sondern den Rettungsdienst zu rufen.
Kreisstraße als Geburtsort
Pauli und Dums rücken also aus und nehmen Nicole Bachl an Bord. Weil bei Chamerau die Straße gesperrt ist, weicht der Rettungswagen des BRK auf die Strecke über Schachendorf und Vilzing aus. Zwischen den Chamer Stadtteilen – bis zur Ankunft in Amberg will der junge Mann partout nicht warten – kommt Moritz auf die Welt. Nicht als Bad Kötztinger, sondern als Chamer. Die Kreisstadt gilt als sein Geburtsort. Im Geburtenregister ist die Kreisstraße CHA 2 vermerkt.
Für Christian Pauli haben die Ereignisse eine doppelt interessante Note. Die Geburt war die erste, die er als Notfallsanitäter in einem Rettungswagen miterlebte. Und: Er stellt das Fahrzeug an diesem Sommermorgen tatsächlich nur 150 Meter vom Haus seiner Schwiegereltern am Straßenrand ab, während sein Kollege Stefan Dums als Geburtshelfer zur Tat schreitet. Telefonisch halten die BRK-Rettungsdienstkräfte zu einer Kinderärztin im Krankenhaus in Amberg Kontakt, bis Notarzt Dr. Stefan Scheingraber eintrifft.
Jakob kommt in der Klinik zur Welt
Sebastian Bachl hatte zwischenzeitlich Tochter Josepha zu seinen Eltern gebracht und ist mit dem Auto auf dem Weg nach Amberg. Unterwegs erfährt er am Handy, dass er zum zweiten Mal Vater geworden ist und sich sein Fahrtziel geändert hat. Seine Frau wird in die Sana-Kliniken nach Cham verlegt, wo 90 Minuten später Jakob das Familienglück komplettiert.
Die Zwillingsbrüder haben sich seitdem prächtig entwickelt. „Sie sind beide gleichauf mit allem“, sagt Papa Sebastian. „Gott sei Dank!“ Und wer ist pflegeleichter? Mama Nicole muss lachen. „Sie wechseln sich ab.“ Nach einer kurzen Pause fügt sie hinzu: „Es passt gut! Sie sind beide relativ brav.“
Als müssten die sieben Monate alten Buben das unter Beweis stellen, schläft Jakob beim Treffen mit den Rot-Kreuz-Mitarbeitern in Cham fast durchgehend den Schlaf der Gerechten – und Moritz setzt mehrfach sein gewinnendstes Lächeln auf. Beide werden von der kleinen Josepha liebevoll ummuttert.
Einladung ins Rettungszentrum
Am Ende des Termins hält Rettungsdienstleiter Dominik Lommer eine besondere Überraschung für die Bachls bereit. Er lädt die junge Familie zu einer Besichtigung des neuen Rettungszentrums ein, das ab dem Frühjahr in der Tiergartenstraße entstehen wird. Moritz und Jakob werden – ein paar Monate sind es noch bis zur Eröffnung der Räumlichkeiten – die Augen übergehen, wenn sie die aufregenden BRK-Fahrzeuge mit den blauen Lichtern auf dem Dach begutachten dürfen.
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