Kommt sie oder kommt sie nicht? Diese Frage bewegte Abgeordnete und Journalisten im Bayerischen Landtag. Schon zweimal hatte Andrea Tandler ihre Zeugeneinvernahme vor dem Untersuchungsausschuss "Maske" platzen lassen. Nun tauchte sie aber tatsächlich auf, das Gesicht von einer FFP2-Maske und einer großen verspiegelten Sonnenbrille verhüllt. Auf dem Kopf trug sie noch eine Baseball-Kappe, aus der – zumindest ein kleines individuelles Detail – ein brünetter Pferdeschwanz baumelte. Von Tandler gibt es selbst im Internet-Zeitalter keine für die Öffentlichkeit zugänglichen Fotos, sie ist extrem darauf bedacht, dass das auch so bleibt.
Mit flotten Schritten ließ die 39-jährige Unternehmerin auf dem Weg in den Sitzungssaal die aufgestellten Kameras links liegen. Im Ausschuss sollte die Tochter des früheren CSU-Spitzenpolitikers Gerold Tandler erklären, wie sie Anfang 2020 jene Masken-Deals mit staatlichen Stellen einfädelte, die ihr zusammen mit einem Geschäftspartner wohl 48 Millionen Euro an Provisionen eingebracht haben. Weil gegen Tandler aber wegen des Anfangsverdachts des Gewerbesteuerbetrugs Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen, steht ihr ein Aussageverweigerungsrecht zu, das sie – mit Ausnahme der Angaben zur Person - auch umfassend nutzte.
"Moralisch höchst verwerflich"
Zuvor aber musste sie – aber da waren die Kameras längst aus dem Saal – für ihre Zeugeneinvernahme auf Geheiß des Vorsitzenden Winfried Bausback (CSU) Maske und Mütze abnehmen. Das gebiete der Respekt vor dem Gremium, ließ Bausback sie wissen. Die Brille durfte sie aufbehalten, da ein ärztliches Attest wegen einer Lichtempfindlichkeit vorlag. Es waren auch gesundheitliche Gründe, die Tandler ihren bisherigen Vorladungen nicht nachkommen ließen. Der Ausschuss ordnete deshalb schon im Juni ein gerichtsärztliches Gutachten an, das nun zu dem Ergebnis kam, dass Tandler vernehmungsfähig sei.
Vor dem Ausschuss machte Tandler dann auch einen recht resoluten und dem Augenschein nach nicht kränklichen Eindruck. Ihre Stimme klang fest, als sie ihre Personalien vortrug. Mehr sagte sie aber auch nicht. Bausback versuchte es mit einer einleitenden Frage, die zwar neutral formuliert daherkam, aber zwischen den Zeilen unschwer erkennen ließ, was er von den Geschäften Tandlers hält: Dass es "moralisch höchst verwerflich" gewesen sei, die Pandemie zum persönlichen Geschäftsmodell gemacht zu haben, wie er vor der Sitzung auf Anfrage wissen ließ.
Verweigerung der Aussage
Bausback wendete sich also mit der Bemerkung an Tandler, sie habe in einer Phase, in der viele Menschen "bis zur Erschöpfung" gegen die Pandemie angekämpft hätten, hohe Provisionen für ein Maskengeschäft "eingestrichen". Ob sie dazu zusammenhängend etwas sagen könne? Das tat für Tandler ihre Anwältin, allerdings ohne Erkenntnisgewinn für den Ausschuss: Ihre Mandantin mache von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Punkt und Mikro wieder aus. Das Spiel wiederholte sich bei zwei Nachfragen des SPD-Abgeordneten Markus Rinderspacher. Kurz darauf wurde Tandler aus dem Zeugenstand entlassen. Sie setzte Maske und Mütze wieder auf und entschwand wort- und grußlos im Aufzug zur Tiefgarage. So bleibt es bei der Aussage eines Tandler-Sprechers vor einigen Wochen, als dieser mitteilte, sie und ihr Geschäftspartner würden alle in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe zurückweisen.













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