Elbart bei Freihung
31.10.2019 - 10:20 Uhr

Alpenüberquerung des Radfahrvereins Elbart: "Bergfahren ist Kopfsache"

Die Elbarter Radler sind fit. Ziemlich fit. Eine Tagestour nach Würzburg oder Regensburg? Kein Problem. Eine Alpenüberquerung ist aber ein ganz anderes Kaliber.

Zwischen allen Trails, Höhenkilometern und Bergen muss Zeit für ein Erinnerungsfoto sein. Bild: exb
Zwischen allen Trails, Höhenkilometern und Bergen muss Zeit für ein Erinnerungsfoto sein.

Die Tour von Garmisch-Patenkirchen bis nach Italien hatte es in sich. 513 Kilometer und 12220 Höhenmetern brachten die Sportler des Radfahrvereins Elbart an ihre Grenzen. Jürgen Götz erzählt, wann es besonders hart war, wie man dennoch durchhält und warum sich jeder Schweißtropfen gelohnt hat.

ONETZ: Eine Frage vorweg: Sind alle Radler wieder heil zurückgekommen?

Jürgen Götz: Ein Teilnehmer kam bei einem Stopp nicht aus den Klickpedalen und kippte im Stand um. Dabei hatte er sich an der Hand, konnte noch weiterfahren. Zuhause stellte sich dann heraus, dass die Verletzung doch schwerwiegender war. Ansonst hatten wir nur zwei platte Reifen.

ONETZ: War die Tour eine spontane Idee? Wie organisiert man so eine Tour?

Die Idee dazu hatten wir schon letztes Jahr im Sommer bei einer Alpenüberquerung nach Kroatien, mit der Planung starteten wir im Herbst. Wir stellten die Routen nach Internetrecherchen, eigenen Erfahrungen und Tipps von Freunden zusammen. Auf Plattformen bastelten wir an den Etappen, die anspruchsvoll, aber nicht zu einfach und landschaftlich schön sein sollten. Nachdem die grobe Route feststand, suchten wir nach Unterkünften, was mit zwölf Teilnehmern nicht einfach ist. Dann tüftelte wir an den Strecken, informierten uns in Foren über die Schwierigkeiten der Trails, fragten bei Touristeninformationen und Bike-Clubs nach, ob die Strecken wirklich befahrbar sind, denn der letzte Winter war in den Alpen ja nicht ohne.

Einfach nur entlang fahren wäre langweilig: Die Elbarter Radler überqueren den Ofenpass auf Trails. Die Uinaschlucht ist der Höhepunkt der Alpenüberquerung, aber auch die größte Herausforderung. Bild: exb
Einfach nur entlang fahren wäre langweilig: Die Elbarter Radler überqueren den Ofenpass auf Trails. Die Uinaschlucht ist der Höhepunkt der Alpenüberquerung, aber auch die größte Herausforderung.

ONETZ: Steile Berge gibt es in der Region genug, mit den Alpen sind die aber sicher nicht vergleichbar sind. Wie bereitet man sich darauf vor?

Da wir als Mitglieder beim Elbarter Radfahrverein regelmäßig auf dem Sattel sitzen, hatte jeder eine Grundlage. Im Frühjahr hat dann jeder allein oder in Gruppen trainiert – meist mit Rucksack, um sich an zusätzliche Kilos zu gewöhnen. Berge haben wir das ganze Jahr nicht um- sondern überfahren und auch längere Touren in unwegsamem Gelände in Angriff genommen. Sechs Wochen vor der Alpenüberquerung war Generalprobe: Acht Teilnehmer starteten eine Tagestour am Paul-Pfinzing-Weg, eigentlich ein Wanderweg rund um Hersbruck mit knapp 100 Kilometern und 2100 Höhenmetern. Danach wusste jeder, an was er noch zu arbeiten hatte.

ONETZ: Welcher Tag war der härteste?

Ich denke, dass jeder seinen eigenen „härtesten Tag“ hatte. Für mich war es die Etappe von Sent nach Bormio, bei der wir den Ofenpass überquerten. Der Anstieg zog sich über 25 Kilometer mit Steigungen bis zu 16 Prozent, danach welliges Gelände mit Rampen und als es noch steiler wurde, mussten wir die Bikes schieben oder tragen. Der Trail zum Livigno-See hinunter und die Abfahrt am Schluss nach Bormio entschädigten aber dafür. Auch der Gaviapass im italienischen Nationalpark Stilfserjoch am nächsten Tag war nicht ohne.

ONETZ: Hand auf's Herz: Wann hat es keinen Spaß mehr gemacht?

Spaß hat es eigentlich immer gemacht, wenn es nicht geregnet hat. Ich denke, jeder hatte mal einen Durchhänger. Die Rennradfahrer und Triathleten unter uns wollten öfter mal auf die Straße flüchten; da geht es auf jeden Fall leichter als am Trail.

ONETZ: Spornt es an, wenn man in einer Gruppe unterwegs ist?

Eine Gruppe motiviert natürlich, aber die sollte nicht zu groß sein. Unser Team mit elf Radlern und einem Busfahrer war schon an der Grenze, denke ich. Zu viele Leute bringt man schlecht unter einen Hut, und die Leistungsfähigkeit innerhalb der Gruppe sollte auch nicht zu weit auseinander liegen, denn sonst hat keiner mehr Spaß. Der wichtigste Fahrer in der Gruppe ist der, der am Schluss fährt – wir hatten den Besten – denn keiner will Letzter sein. Allerdings besteht die Gefahr, sich zu verausgaben, nur um nicht das Schlusslicht zu sein. Bei uns hat es super gepasst, das Leistungsniveau lag gut beieinander und wir kennen uns ja schon eine Zeit.

Alpenüberquerung Bild: exb
Alpenüberquerung

ONETZ: Habt ihr vor lauter Schweiß überhaupt etwas von der Landschaft gesehen?

Natürlich, darum macht man ja das Ganze. Die Etappen waren so geplant, dass, wenn nichts Unvorhersehbares passierte, die Zeit auf dem Rad bei maximal sechs Stunden lag. Es blieb immer genug Zeit, um zu verschnaufen, zu fotografieren und zu genießen. Manchmal versorgte und der Busfahrer dabei mit Köstlichkeiten aus der Umgebung, meistens machten wir aber auf Almhütten Pause und genossen den Ausblick. Ein Highlight war auf jeden Fall die Uina-Schlucht: Auffahrt und Aufstieg waren zwar kein Zuckerschlecken, aber die Aussicht war grandios.

ONETZ: Gibt es Tipps für andere, die ebenfalls

Vorbereitung ist die halbe Miete, und die geht schon bei der Auswahl der Fahrer los. Einer, der schlechte Laune hat, zerstört die ganze Gruppe. Auf jedem Fall das Leistungsniveau der Gruppe beachten: Die wird vom „schwächsten“ Fahrer bestimmt, der nicht überfordert sein darf. Die Strecken niemals zu lange planen, denn 50 Kilometer daheim sind nichts im Vergleich zu 50 Kilometern in den Alpen, und der Spaßfaktor sollte stets an oberster Stelle stehen. Hat man keinen Radler dabei, der sowas schon mal gemacht hat, dann unbedingt eine geführte Tour mit Guide machen. Bergfahren ist Kopfsache: Die Einstellung muss stimmen, dann ist Spaß garantiert.

Überquerung des Ofenpasses Bild: exb
Überquerung des Ofenpasses
Info:

Die Etappen

1. Etappe: von Grainau bei Garmisch-Partenkirchen über den Eibsee, Ehrwald, Fernpass und Nassereith nach Landeck in Österreich (79 Kilometer und 1500 Höhenmeter);

2. Etappe: von Landeck über Serfaus, Pfunds, Martina (Grenze zur Schweiz) und Norbertshöhe nach Nauders (63 Kilometer, 1920 Höhenmeter.

3. Etappe: von Nauders über den italieischen Reschenpass und -see, über Burgeis, Schlinig und die Uina-Schlucht nach Sent in der Schweiz (61 Kilometer, 1680 Höhenmeter);

4. Etappe: von Sent durch den Schweizer Nationalpark über den Ofenpass nach Bormio (Italien, 81,5 Kilometer, 2010 Höhenmeter);

5. Etappe: von Bormio über Santa Caterina und den Gavia- sowie Tonalepass nach Dimaro (87,5 Kilometer, 1970 Höhenmeter);

6. Etappe: von Dimaro über Madonna di Campiglio nach Cimego (73 Kilometer, 1450 Höhenmeter);

7. Etappe: von Cimego über den Monte Tremalzo nach Riva del Garda (Gardasee; 68 Kilometer, 1690 Höhenmeter). (esm)

 
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