Elektronische Krankmeldung ab Januar - Erleichterung, aber nicht für alle

29.12.2022 - 19:06 Uhr
OnetzPlus

Ab Januar sind Arbeitnehmer nicht mehr verpflichtet, den gelben Schein beim Arbeitgeber vorzulegen. Ein digitales System löst ihn ab. Nicht alle sind damit zufrieden. Wie funktioniert es und was sagen Arbeitgeber und Ärzte aus der Region?

Was ist die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)?

Die eAU ersetzt ab 1. Januar 2023 den "Gelben Schein" – die Krankmeldung in Papierform – welchen der Arbeitnehmer bisher selbst an die Krankenkasse und den Arbeitgeber weiterleiten musste. Die analoge, gedruckte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung soll es für gesetzlich Versicherte nur noch in Ausnahmefällen geben.

Was ändert sich für die Arbeitnehmer?

Für den Arbeitnehmer bedeutet die eAU eine Erleichterung. Er ist ab dem 1. Januar nicht mehr verpflichtet, die Krankmeldung persönlich oder postalisch bei Arbeitgeber und Krankenkasse einzureichen. Die Unternehmen müssen ab diesem Zeitpunkt selbst aktiv werden und die Krankmeldungen vom Server der Krankenkasse abrufen.

Wie funktioniert die eAU?

Im Krankheitsfall stellt der Arzt eine digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Diese muss der Arzt elektronisch unterschreiben und leitet sie an das System der Krankenkasse weiter. Der Arbeitgeber muss nun aktiv die Bescheinigung von der Krankenkasse anfordern (siehe Grafik).

Was müssen Arbeitnehmer beachten?

Der Arbeitnehmer ist weiterhin verpflichtet seinen Arbeitgeber über die Krankentage zu informieren. Da die eAU nicht sofort nach dem Arztbesuch auf den Servern landet, kann es bis zu zwei Tage dauern, bis die Daten der Krankenkasse abgerufen werden können. Somit ist eine persönliche Absprache mit dem Arbeitgeber weiterhin erforderlich.

Wie bewerten die Ärzte die Neuerungen?

Hausarzt Dr. Matthias Loew aus Rothenstadt bei Weiden sieht die Einführung der eAU kritisch: "Mindestens einmal pro Woche stürzt das ganze System bei mir ab und produziert dann trotzdem Papierausdrucke." Das neue System bedeute für ihn ausschließlich mehr Arbeit. Es dauere länger, man müsse eine Zeit lang neben dem Computer stehen und dem System beim Arbeiten zusehen. "Normalerweise dauert so ein Ausdruck mit Unterschrift effektiv fünf Sekunden", berichtet Loew. Die Profiteure seien laut ihm die Krankenversicherungen - deren Arbeit die Ärzte jetzt übernehmen müssten.

Gibt es gar keinen gelben Schein mehr?

Laut AOK erhalten Patienten "immer noch auf Wunsch einen Papierausdruck der AU-Bescheinigung von deren Arztpraxis". Grundsätzlich sollen die analogen Krankmeldungen allerdings zum 31. Dezember 2022 entfallen. Hausarzt Dr. Matthias Loew erklärt, dass er seinen Patienten weiterhin Ausdrucke mitgeben wird. "Ich werde abwarten, wie das System bei den Arbeitgebern läuft und ob man sich darauf verlassen kann. Erst dann werde ich die analoge Krankmeldung einstellen", sagt Loew.

Wie ist es mit Krankmeldungen bei privat Versicherten?

Bei den privaten Krankenkassen ändert sich nichts. Den gelben Schein gibt es hier weiterhin.

Bedeutet die eAU mehr Aufwand für die Arbeitgeber?

Ja, da der Arbeitgeber nun selbst aktiv werden und die Krankmeldungen bei den jeweiligen Krankenkassen anfordern muss. Da es bis zu zwei Tage dauert bis die Meldungen online abrufbar sind, kann sich der normale Ablauf bei Krankmeldungen in den Unternehmen ändern und verzögern.

Was sagen Arbeitgeber zu der Neuerung?

Die Resonanz fällt gemischt aus. Hausarzt Dr. Matthias Loew beschäftigt selbst mehrere Mitarbeiter und empfindet die Umstellung auf eine digitale Krankmeldung als eine Belastung. "Ich habe keine Personalabteilung, welche mir diese Arbeit abnimmt. Jetzt müsste ich bei jedem Krankheitsfall extra Zeit investieren und die Meldungen abfragen", sagt Dr. Loew.

Die Witt-Gruppe hat sich, laut Unternehmenssprecher Dennis Hofacker, intensiv auf die Umstellung vorbereitet. Das Unternehmen teste den digitalen Austausch mit den Krankenkassen "bereits seit Oktober 2022 und konnte größtenteils positive Erfahrungen damit machen", berichtet Hofacker.

Welche Daten werden mit der eAU übermittelt?

Der Arbeitgeber kann die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und den Namen des Arbeitnehmers abrufen. Außerdem erfährt er, ob es sich um einen Unfall im Arbeitskontext handelt. Der Arbeitgeber kann mit der eAU aber nicht mehr feststellen, welcher Arzt die Bescheinigung ausgestellt hat.

Wie hat sich die elektronische Krankmeldung entwickelt?

Die elektronische Krankmeldung sollte eigentlich schon im Januar 2022 eingeführt werden. Die Vorgabe des Bürokratieentlastungsgesetz sah vor, dass ab diesem Datum die Arbeitgeber die Krankmeldungen selbstständig online abrufen müssen. Durch die nicht rechtzeitig vorhandene digitale Infrastruktur hat die Regierung den Starttermin mehrfach verschoben. Ab dem 1. Januar 2023 ist der Arbeitgeber nun allerdings gesetzlich verpflichtet die Krankmeldung selbst bei der Krankenkasse anzufordern.

Welche Praxen sind nicht betroffen?

Nicht betroffen sind Privatärzte, Reha-Kliniken, Physio- und Psychotherapeuten. Hier gibt es weiterhin einen Ausdruck, der dem Arbeitgeber und der Krankenkasse vorgelegt werden muss.

Was passiert bei einer technischen Störung?

Gibt es schon beim Besuch des Patienten in der Praxis ein technisches Problem, stellt der Arzt dem Arbeitnehmer eine schriftliche Krankmeldung aus, die er dann, wie gehabt, bei der Krankenkasse und dem Arbeitgeber einreichen muss.

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Oberpfalz29.12.2022
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