Erbendorf
25.03.2022 - 11:29 Uhr

Fastenzeit als Beginn der Versöhnung und Vergebung

In seinen Gedanken zur Fastenzeit stellt Pfarrer Martin Besold aus Erbendorf die Versöhnung und Vergebung in den Mittelpunkt. Dabei bezieht er sich auch auf Jesu Gleichnis vom „Verlorenen Sohn“.

Pfarrer Martin Besold betreut die Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Erbendorf. Bild: Martin Besold/exb
Pfarrer Martin Besold betreut die Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Erbendorf.

In der Serie "Geistliche Gedanken zur Fastenzeit" kommt diesmal Pfarrer Martin Besold aus Erbendorf zu Wort: Wir leben nicht immer im Frieden – auch nicht in unserem kleinen Alltag. Vergebung und Neuaufnahme von Beziehungen ist nicht nur im Weltgeschehen ein großes Thema, sondern auch in unserem Leben. Wer Vergebung erfährt, ist glücklich zu schätzen. Denn unser Leben ist so komplex, dass niemand von uns ohne Vergebung und Verzeihen durchkommt.

Alles, was wir reden, tun oder auch seinlassen, hat Folgen für uns selbst und mindestens für diejenigen, die mit uns leben. Wenn ich zum Beispiel einen Mitmenschen mit einer unüberlegten Aussage verletzt habe, kann ich das Wort nicht mehr zurücknehmen. Ich kann auch nicht einfach alles ungeschehen machen, was ich in der Vergangenheit falsch gemacht habe, oder wo ich durch mein Verhalten womöglich Dinge verhindert habe.

Schritt aufeinander zugehen

„Es ist wahr: auf dem Haus der Gegenwart lasten die Hypotheken der Vergangenheit […]. Das Leben ist kein Experiment, das man beliebig wiederholen könnte.“ So drückte der Theologe Karl Rahner diese Lebenserfahrung aus. Deswegen brauchen wir alle Vergebung und Verzeihen. Wir leben davon.

Zuerst heißt das: sich selber verzeihen, und andere um Verzeihung bitten, wenn es nötig ist. Dabei erkenne ich an, dass ich nicht perfekt bin. Und dass ich unter Umständen anders bin, als ich mir einbilde. „Ich weiß, wer ich gern wäre. Aber ich kann gut einschätzen, wer ich tatsächlich bin“, – diese Haltung mag mir helfen, mir selber zu verzeihen.

Das ist die Voraussetzung dafür, auch meinen Mitmenschen zu vergeben, wenn sie gegenüber mir schuldig geworden sind. Solch eine Versöhnung „kostet“ etwas: ich muss wieder einen Schritt auf den anderen zugehen, ihm die Hand zur Versöhnung ausstrecken. Das gelingt mir leichter, wenn ich meinen Mitmenschen nehme, wie er ist, und nicht, wie ich es erwarte, dass er/sie sein soll. Ich brauche also Aufmerksamkeit für den anderen und seine Wirklichkeit, einen guten Willen, etwas Geduld und Verständnis. Schon ein wenig mehr von diesen Fertigkeiten und Haltungen würde wohl viel Streit, Neid und Missgunst unter Menschen verhindern.

Gott wartet

Die Menschen, die Jesus begegnet sind, haben erfahren: bei der Begegnung mit ihm wird unser Leben frei und weit. Er hat Vergebung und Verzeihen gelebt. Und er hat einen Gott verkündet, der immer wieder vergibt. Selbst wenn wir weit weg von ihm sein sollten, wartet Gott auf unsere Rückkehr. Gott ist ein Gott des Vergebens und Verzeihens. Jesu Gleichnis vom „Verlorenen Sohn“ oder „Barmherzigen Vater“, das in den Sonntagsgottesdiensten in den katholischen Gemeinden heute und morgen zu hören ist, zeigt das eindrücklich. Man kann es im Lukas-Evangelium (Kapitel 15) nachlesen. So ist Versöhnung: wie ein Weg aus der Bedrängnis und wie ein Fest nach langer Trauer.

Wenn Gott uns vergibt, können wir uns selbst und den Anderen auch vergeben. „Vergebt einander, wie auch Gott euch in Christus vergeben hat“, fordert der Apostel Paulus uns auf, im Geiste Jesu Versöhnung und Vergebung zu leben. Die Fastenzeit ist eine gute Zeit, damit zu beginnen.

Tirschenreuth18.03.2022
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.