26.09.2018 - 15:44 Uhr

Ermittlungspanne: Betrugsprozess platzt

Ein Prozess gegen einen 63-jährigen Mann wegen Betrugs in 69 Fällen vor dem Landgericht Regensburg hat nach drei Verhandlungstagen ein überraschendes Ende gefunden: Das Verfahren wird voraussichtlich erst im kommenden Jahr neu aufgerollt.

In Regensburg muss ein Prozess vertagt werden. Der Grund: Tausende Seiten von Akten wurden bislang durch die Ermittler zurückgehalten. Bild: Volker Hartmann/dpa
In Regensburg muss ein Prozess vertagt werden. Der Grund: Tausende Seiten von Akten wurden bislang durch die Ermittler zurückgehalten.

(ahs) Nach mehr als neun Monaten Untersuchungshaft trat der Angeklagte seine Heimreise als freier Mann an, der gegen ihn ergangene Haftbefehl wurde aufgehoben. Der Grund: Mehr als 1000 Seiten Aktenmaterial wurden dem Gericht bislang vorenthalten und müssen jetzt gesichtet werden.

Der Mann aus Mainz hatte allen Geschädigten gegenüber seit 2013 bis wenige Tage vor seiner Festnahme behauptet, dass Anspruch auf 21 Millionen Dollar aus einem Ölgeschäft im Ausland hat. Um das Geld zu erhalten, müsse er erhebliche Zahlungen an Steuern, Gebühren, Zöllen und ähnlichem leisten und benötige dafür Geld, welches er "selbstverständlich mit einem großzügigen Aufschlag" zurückzahlen wollte. Mit dieser Geschichte soll er sich insgesamt fast 2,3Millionen Euro ergaunert haben. Ein früherer Yachtbauer und ein Steuerberater aus dem Kreis Kelheim ließen ihn am Ende auffliegen.

Bisher Schweigen

Der Angeklagte schwieg an den zurückliegenden Verhandlungstagen. Sein Verteidiger Johannes Hock (Mainz) erklärte lediglich nach Verlesen des Anklagesatzes, sein Mandant habe "in keinem der Fälle in betrügerischer Absicht gehandelt". Die bislang als Zeugen gehörten Geschädigten bestätigten zwar den Geschehensablauf, fühlten sich jedoch nicht als Betrogene. Der ehemalige Yachtbauer, der Strafanzeige erstattet hatte, vermutete sogar, dass der Angeklagte Opfer der "Nigeria Connection" geworden sei.

"Zehn Leitz-Ordner"

Für den Paukenschlag sorgte am Ende die Aussage eines Sachbearbeiters der Kripo. Er erklärte, dass sich auf seiner Dienststelle "noch etwa zehn Leitz-Ordner" mit sichergestellten Dokumenten befinden, die bislang noch nicht ausgewertet wurden, da diese in englischer Sprache verfasst sind. Das war bis dahin weder dem Gericht, noch dem Verteidiger bekannt. Damit nicht genug: Es fand auch kein Kontakt zu vier Personen statt, die unter Umständen hätten als Entlastungszeugen infrage kommen können.

Mit seinem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens resümierte der Verteidiger, dass dem Gericht und damit auch ihm lediglich 20 Prozent der Ermittlungsakten bekannt sind. Es müsse nunmehr das fehlende Aktenmaterial gesichtet und gegebenenfalls ins Deutsche übersetzt werden. Die 5. Strafkammer steht zudem vor dem zusätzlichen Problem, dass sie ab Anfang Oktober bis Ende November durch ein anderes Verfahren wegen Wahlfälschung blockiert ist.

 
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