Deutschland und die Welt
08.03.2019 - 14:44 Uhr

Ethische Grenze überschritten

Zehn Jahre ist die Amoktat von Winnenden nun her. Für den Presserat Anlass, das Thema Opferschutz in den Blickpunkt zu rücken. Denn im März 2009 ist hier bei manchen Medien extrem viel schiefgelaufen.

Zehn Jahre her: Kerzen vor der Albertville-Realschule in Winnenden. Ein 17-Jähriger hatte am 11. März 2009 an seiner früheren Schule und auf der Flucht 15 Menschen und sich selbst erschossen. Archivbild: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Zehn Jahre her: Kerzen vor der Albertville-Realschule in Winnenden. Ein 17-Jähriger hatte am 11. März 2009 an seiner früheren Schule und auf der Flucht 15 Menschen und sich selbst erschossen.

Zum zehnten Jahrestag mahnt der Deutsche Presserat in einer Mitteilung, den Opferschutz zu berücksichtigen. "Damals veröffentlichten Redaktionen meist ohne Einwilligung der Angehörigen Fotos, auf denen die späteren Opfer klar zu erkennen waren. Damit haben sie das Gefühl der Ohnmacht der Betroffenen gegenüber der Presse noch verstärkt", sagt Presserats-Sprecher Volker Stennei.

Bei dem Amoklauf von Winnenden am 11. März 2009 tötete ein ehemaliger Schüler der Albertville-Realschule 15 Menschen und danach sich selbst. Stennei stellt heute dazu fest: "Zwar lag die Berichterstattung über dieses Ereignis im öffentlichen Interesse, jedoch überschritten etliche Redaktionen mit der identifizierenden Abbildung der Opfer eine ethische Grenze."

Verstöße gegen den Opferschutz beschäftigen den Presserat nach dessen Angaben auch zehn Jahre danach, zumal Fotos inzwischen über die sozialen Medien leichter verfügbar sind als damals. Allein 8 von 28 Rügen verhängte die Freiwillige Selbstkontrolle 2018 für die Veröffentlichung von Fotos, auf denen Opfer von Unfällen oder Gewalttaten für einen erweiterten Personenkreis identifizierbar waren.

Oftmals handelte es sich dabei um Aufnahmen von Facebook- oder Instagram-Profilen, die die Redaktionen ohne Einwilligung der Angehörigen verwendet hatten. "Die sozialen Netzwerke sind kein Selbstbedienungsladen für Journalistinnen und Journalisten. Es gehört vielmehr zur grundsätzlichen Verantwortung der Presse, nicht alle im Netz verfügbaren Informationen zu übernehmen", betont Volker Stennei.

Laut Pressekodex ist die Identität von Opfern unerheblich für das Verständnis eines Tathergangs. In Ziffer 8 heißt es: "Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen." Und weiter: "Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt."

 
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