Von Anke Schäfer Freihung.530 Kilometer sind Wolfgang Scheelen und Thomas Nowak zum Gig in Elbart gefahren. Der Lohn für die Grandseigneurs der Jazzszene: Eine Kulturscheune voller enthusiastischer Swing- und Boogie-Animals - das hätte auch bei Scheelen zu Hause in Düsseldorf mächtig Eindruck gemacht.
Die Location mitten in der Oberpfälzer Landschaft trug schon vor der ersten Blue Note zur vorfreudigen Stimmung der Musiker bei. Günter Preuß' Schwenk von Düsseldorf zurück aufs Land wurde dabei für gut befunden, zumal es sich ja nicht um eine Location handele, sondern um ein regelrechtes Anwesen, so Gitarrist Wolfgang Scheelen, der schon mit Champion Jack Dupree, Dizzy Gillespie, Kathie Webster oder Joja Wendt Sessions bestritten hat und die großen Bühnen zwischen San Francisco, New Orleans, New York und London aus eigener Anschauung kennt.
Boogie allein zu langweilig
An seiner Seite Pianist, Sänger und "Boogie Man" Thomas Nowak, dessen lässig-virtuose Performance mehr profunde Blues- und Boogie-Seele offenbart als man es einem weißen Musiker vorab zutrauen möchte. Gemeinsam touren die Herren als "Swinging Boogie & More" durch die Lande, Betonung auf "& More", denn "nur Boogie allein wäre uns zu langweilig", erklärt Scheelen.
Los geht es aber trotzdem mit der Boogie-Nummer "I ain't gonna be your low down dog no more", die dem Publikum den Rhythmus des Abends implantiert. Der Kanarien-Scherz "I found my Trill on Blueberry Hill" verfängt zwar mangels Vogelfreunden unter den Scheunen-Gästen nicht ganz, was dem folgenden Super-Hit aber nicht im Geringsten schadet.
Mit sturem Kleben an den Originalen haben es die beiden in jahrzehntelanger Routine gestählten Profis auch sonst nicht so: Scheelen und Nowak individualisieren die Texte ebenso gerne wie die Melodien. Vor allem aber verlängern sie den gewohnten Genuss mit gepfefferten bis ekstatischen Piano-, Gitarren- oder Blues-Harp-Soli zu "special extended versions".
Je weiter der Abend vorrückt, desto ausgelassener wird die Show. Wobei Wolfgang Scheelen allerdings bis zum Schluss eher stoisch reduziert agiert, während Thomas Nowak bisweilen mit feurigen Händen den Scheunen-Flügel zum Rauchen zu bringen scheint.
Stones und Gershwin
Dem Namenszusatz "& More" bleiben Scheelen und Nowak übrigens tatsächlich treu, wie Abstecher zu den Rolling Stones oder George Gershwin beweisen. Gleiches gilt für den Louis-Armstrong-Klassiker schlechthin, dem offiziellen Rausschmeißer und vom Publikum gerne mitgesungenen "What a wonderful world".
Dass der umjubelte Auftritt der vom Hausherrn als "Wahnsinnsknaben" titulierten Gäste nicht ohne Nachschlag bleiben kann, ist Ehrensache. Immer noch den Schalk im Nacken, motiviert Wolfgang Scheelen also Thomas Nowak, jetzt doch mal ein Stück zu spielen, "das wir auch können". Gekonnt haben sie den unverwüstlichen Bill Halley-Evergreen "See you later alligator" natürlich sowieso, aber das gilt auch schon uneingeschränkt für den gesamten launigen, rhythmisch pulsierenden Streifzug von Jerry Lee Lewis, über Chuck Berry bis Ray Charles.
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