Statt der Ende vergangenen Jahres erwarteten 3,4 Prozent erwartet die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW) nun im besten Fall einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung von 1,8 Prozent. Grund dafür sind die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine mit gestiegenen Energie- und Materialkosten sowie einer allgemein hohen Inflationsrate. Das Szenario geht davon aus, dass in der zweiten Jahreshälfte eine moderate Erholung der Wirtschaft einsetzt. Sollte es weiterhin bei den gegenwärtigen Lieferengpässen bleiben und müssten zudem im Herbst wieder einschränkende Corona-Maßnahmen ergriffen werden, würde nach VBW-Einschätzung das Wachstum nur 1,2 Prozent betragen.
Noch dramatischere Auswirkungen hätte es, wenn es zu einem Lieferstopp von Erdgas aus Russland kommen würde. Dies hätte eine Rezession in Bayern zur Folge. Laut einer aktuellen VBW-Umfrage unter mehr als 1000 bayerischen Unternehmen müssten bei einem kurzfristigen Ausfall der Gaszufuhr 22 Prozent der Betriebe ihre Produktion einstellen. Davon direkt betroffen wären rund 220.000 Beschäftigte. Die Konsequenzen wären aber weit gravierender, weil damit auch Vorprodukte wie chemische Grundstoffe, Stahl und Papier für andere Unternehmen ausfallen würden. "Ein Lieferstopp von Erdgas würde die gesamte Wertschöpfungskette in Bayern in Mitleidenschaft ziehen", erklärte VBW-Präsident Wolfram Hatz. Man spreche sich deshalb deutlich gegen ein Gas-Embargo aus.
Hatz betonte gleichzeitig, dass die bayerische Wirtschaft "Putins Krieg aufs Schärfste verurteilt" und hinter den bisherigen Sanktionen gegen Russland stehe. "Wir dürfen uns selbst aber nicht mehr schaden als Putin", begründete Hatz die Ablehnung eines Bezugsstopps von russischem Erdgas. Er erneuerte vor diesem Hintergrund die VBW-Forderungen nach einer Beschleunigung der Energiewende, um sich von Lieferungen aus Russland unabhängiger zu machen, und nach einer vorübergehenden Verlängerung der Laufzeit noch aktiver Kernkraftwerke. Die gegenwärtige Stimmung in der bayerischen Wirtschaft bezeichnete Hatz als "gedämpft". Im Vergleich zum vergangenen Herbst hätten sich die Perspektiven für die Unternehmen "deutlich verschlechtert".
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.