Als Andrea Nahles vor gerade mal gut einer Woche Partei- und Fraktionsvorsitz der SPD hinwarf, war sich der Chor der Kommentatoren einig: Der Bruch der Großen Koalition steht unmittelbar bevor. Stündlich, ja minütlich sei damit zu rechnen, dass die Regierung an diesen neuen Umständen zerbricht. Aber warum eigentlich? Was wäre das für eine dürftige politische Allianz, wenn schon Veränderungen beim Führungspersonal ihre Grundfesten erschütterten? Hätte sich Nahles aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen, wären die Reaktionen ähnlich hysterisch ausgefallen?
Die Groko kann, wenn sie denn will, weiter den Koalitionsvertrag abarbeiten - und wer will, kann das "Regieren" nennen. Dass vor allem die SPD lieber früher als später die Scheidung dieser Vernunftehe herbeisehnt, steht dem zunächst ja nicht im Wege. Mit der ungesunden Fixierung in Teilen der SPD auf Juso-Chef Kevin Kühnert als neuen Heilsbringer sowie der jetzt losgetretenen Debatte über die Regelung der Kanzlerinnen-Nachfolge bei der CDU bringen die Koalitionäre allerdings den Kahn mehr zum Schaukeln als nötig.
Ja, die Zeichen stehen bei den strauchelnden Volksparteien dank der wachsenden Umfragendominanz der Grünen auf Veränderung. Das ist aber noch lange kein Grund, den Schiffbruch - sprich: vorgezogene Neuwahlen - durch kopfloses Herumrudern selbst herbeizuführen.
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