Dass es in der Gemeindeverwaltung teils drunter und drüber gegangen sein muss, war für Heinz Lorenz im Nachhinein wohl ein Glücksfall. Der Bürgermeister machte dem Richter glaubhaft, dass seine Vergehen mindestens zum Teil mit Arbeitsbelastung und dünner Personaldecke in der Gemeinde zu tun hatte. Die Strafe blieb mild.
Auch in anderen Gemeinden gebe es Beschwerden, weiß Hans Prechtl. Der Bürgermeister der Gemeinde Stulln hat als Sprecher von Schwandorfs Landrat Thomas Ebeling doppelten Einblick: "Wenn Sie sich nur den Breitbandausbau anschauen", sagt Prechtl. Früher habe der Bund mit der Post eine eigene Behörde vorgehalten, heute ist niemand wirklich zuständig. Weil die Bürger aber ein schnelles Netz erwarten und die Gemeinde in die Pflicht nehmen, gebe es keine Alternative: "Kleine Kommunalverwaltungen müssen plötzlich mit Weltkonzernen verhandeln", sagt Prechtl. Ein anderes Beispiel steuert das Landratsamt Neustadt bei: die Stabilisierungshilfen. Diese sind für finanzschwache Gemeinden buchstäblich Gold wert, bedeuten aber auch "eine erhebliche Mehrbelastung für die entsprechenden Gemeinden und die Landratsämter", sagt die Sprecherin des Neustädter Landrats, Claudia Prößl. Ihr Chef Andreas Meier ergänzt: "Ich merke im Landratsamt selbst sehr deutlich, dass die Aufgabenfülle stetig zunimmt, uns leider aber oft das benötigte Fachpersonal nicht zur Verfügung gestellt wird."
Das bestätigt Stullns Bürgermeister Prechtl: "Rein subjektiv kommen heute weniger passende Bewerbungen." Statistisch lässt sich das nicht belegen - zwischen 2007 und 2013 stieg die Zahl der Mitarbeiter in Bayerns Kommunalverwaltungen von rund 14 000 auf 15 000. Doch die Arbeit scheint schneller zuzunehmen als die Mitarbeiterzahl. Claudia Prößl weist etwa darauf hin, dass immer häufiger Gemeinden Probleme haben, die gesetzlichen Vorgaben beim Personal zu erfüllen. Im Landkreis gibt es etwa eine kleine Pensionierungswelle bei gehobenen Beamten. Es zeichne sich ab, dass Gemeinden Probleme bekommen, diese Stelle zu besetzen, obwohl in jeder Verwaltung ein solcher Beamter arbeiten sollte.
Das alles weiß auch Hans Prechtl, allerdings weiß er auch, dass es "solche und solche Gemeinden" gibt. "Viele Kommunalverwaltungen haben ihre Sache hervorragend im Griff." Und die Gründe für freie Stellen liegen oft auch anderswo: "Eine finanzschwache Gemeinde kann schon auf die Idee kommen, eine Stelle einige Zeit unbesetzt zu lassen, um Personalkosten zu sparen."
Und auch gegen fachliche Überforderung biete der Gesetzgeber Mittel. Prechtl verweist auf die Verwaltungsgemeinschaft. Seit 1974 erlaube das Instrument Gemeinden, ihre Verwaltungen zusammenzulegen. Seit 1966 gibt es Zweckverbände, um einzelne Aufgaben wie die Wasserversorgung gemeinsam zu organisieren. Prechtl sagt, das habe sich bewährt - dennoch gebe es Gemeinden, die die Instrumente nicht nutzen - etwa weil Verantwortungsträger um Unabhängigkeit oder Posten fürchten.
Tatsächlich leistet sich die Gemeinde Immenreuth bei rund 1800 Einwohnern eine eigene Verwaltung samt hauptamtlichen Bürgermeistern. Die Nachbarstadt Kemnath ist da sparsamer und teilt den Aufwand trotz über 5000 Einwohnern mit der Nachbargemeinde Kastl.
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