Deutschland und die Welt
21.02.2019 - 20:25 Uhr

Die Kardinalfehler der katholischen Kirche

Papst Franziskus hat das weltweite Bischofstreffen im Vatikan zum Kinderschutz eröffnet. Für die katholische Kirche geht es dabei ans Eingemachte, meint Frank Werner.

Kommentar von Frank Werner
Papst Franziskus betet bei der Eröffnung des Gipfeltreffens zum Thema Missbrauch. Bild:  Vincenzo Pinto/dpa
Papst Franziskus betet bei der Eröffnung des Gipfeltreffens zum Thema Missbrauch.

Es war ein quälend langer Prozess, bis der Missbrauchsskandal bei den Regensburger Domspatzen konsequent aufgearbeitet wurde. Kardinal Gerhard Ludwig Müller hatte als Regensburger Bischof im Jahr 2010 den Anstoß dazu gegeben. Ein Fass ohne Boden tat sich auf, immer mehr Opfer meldeten sich. Es wurde viel über die Betroffenen, aber kaum mit ihnen gesprochen. Erst als 2013 Bischof Rudolf Voderholzer das Amt von Müller übernahm, kam Bewegung und Transparenz in dieses erschütternde Kapitel des Bistums.

Offenheit und Ehrlichkeit sind auch das mindeste, was nun von der "Kinderschutzkonferenz" in Rom erwartet werden darf. Der Titel ist verniedlichend, es geht um sexuelle Gewalt gegenüber Schutzlosen. Papst Franziskus fordert, die Kirche müsse konkret werden bei der Aufarbeitung der weltweiten Fälle. Für starke Worte ist der Pontifex bekannt. Das Pendel schlägt bei dem Argentinier aber zu oft in alle Richtungen aus. Hatte er doch noch am Tag vor der Konferenz alle Kritiker, die nur das Negative sähen, als "Freunde des Teufels" bezeichnet.

Von Kardinal Müller ganz zu schweigen. Seine jüngsten Aussagen über die sexuelle Ausrichtung ("kein Mensch wird gottgewollt als Homosexueller geboren") und über die Mitarbeiter von Papst Franziskus ("Hofschranzen") sind ein weiterer Beleg, dass seine Abberufung nach Rom vor sechs Jahren das beste war, was der Diözese passieren konnte.

Nun sind Müllers Parolen nicht der Inhalt der Bibel, aber sie gehören zum Problem der katholischen Kirche. Werden Lebenswirklichkeiten des 21. Jahrhunderts tabuisiert? Ist das Zweifeln an der reinen Lehre schon eine Aufkündigung des Glaubens? Dürfen autoritäre Strukturen im Klerus infrage gestellt werden?

Natürlich sind es Einzeltäter, die unter dem Mantel der Kirche die Taten an den Kindern begehen. Aber mit individueller Bestrafung ist es nicht getan. Fromme Gebete und Betroffenheitsbekundungen helfen nicht weiter. Die Kirche steht erst ganz am Anfang eines unumkehrbaren Prozesses. Sie muss lernen, sich selbst infrage zu stellen. Und das hat nichts mit Zeitgeist zu tun. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um ihre Zukunft.

 
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