21.07.2018 - 19:54 Uhr

Kraftwerk und "Astro-Alex" - überirdisch

Es sind elf Minuten für die Ewigkeit. Ein außergalaktisches Konzertereignis, ein Gastspiel aus 400 Kilometern Entfernung - Richtung All. Die Gäste des Kraftwerk-Auftritts am Freitagabend in Stuttgart erleben eine echte Sternstunde

Alexander Gerst mit musikalischen Grüßen aus dem All. we
Alexander Gerst mit musikalischen Grüßen aus dem All.

"Guten Abend Kraftwerk, guten Abend Stuttgart!" ESA-Astronaut Alexander Gerst grüßt die rund 7000 Besucher des Konzerts von Kraftwerk auf dem riesigen Bildschirm. Ein schöner Gag der Elektro-Pioniere, so der erste Eindruck der Zuhörer auf dem Schlossplatz. Der 42-jährige "Astro-Alex" strahlt mit seinem "Captain-Future-Shirt" in die Menge: "Ich befinde mich gerade als einer von nur sechs Menschen im Weltraum, auf dem Außenposten der Menschheit, der Internationalen Raumstation ISS, in 400 Kilometer Höhe mit 28 000 Stundenkilometern Geschwindigkeit. Die ISS ist eine Mensch-Maschine - die komplexeste und wertvollste Maschine, die die Menschheit jemals gebaut hat." Gerst spielte damit auf das Album "Mensch-Maschine" der legendären Band an.

Astronaut Alexander Gerst live von der Internationalen Raumstationbeim Kraftwerk-Konzert

Töne vom Tablet

Und dann wächst die Gänsehaut zu wahren Borsten an. Gerst schaut auf die Uhr, sagt: "In Stuttgart ist jetzt 21.55 Uhr." Um Himmels Willen, Gerst ist tatsächlich live aus der ISS zugeschaltet! Und der Astronaut drückt auf einem Tablet die Erkennungstöne aus dem Science-Fiction-Klassiker "Unheimliche Begegnung der dritten Art".

Danach spielt der 42-Jährige mit Kraftwerk-Gründungsmitglied Ralf Hütter im Duett den Song "Spacelab". Hinterher wird klar: Gerst hatte eigens einen speziell programmierten Tablet-PC mit Synthesizern mit ins All genommen. Gerst ist schon lange bekennender Kraftwerk-Fan, der gebürtige Künzelsauer (Baden-Württemberg) nennt "Mensch-Maschine" sein Lieblingsalbum.

Die Schwaben-Connection ist der absolute Höhepunkt der 25. Jazz-Open. Am Schluss der elfminütigen Schalte ins All hält Gerst zweimal sein Tablet in die Kamera. "Gute Nacht Stuttgart", "Good Night Earth", seine letzten Botschaften, bevor er wieder in unendliche Weiten entschwindet. Jubel und ungläubige Blicke auf dem Schlossplatz: Das Publikum spürt, dass es Augenzeuge von Musik-Geschichte geworden ist. Nach dem Konzert twittert er: "Hätte nicht gedacht, dass mein erstes Konzert im Leben gleich zusammen mit den legendären Kraftwerk sein würde, und schon gar nicht als eine Jam Session live aus dem Weltraum. Vom 'Spacelab 2.0' Columbus auf der ISS direkt nach Stuttgart ..." Gerst soll bis Dezember im All bleiben - im Herbst übernimmt er als erster Deutscher das Kommando auf der Raumstation.

Amberger an Bord

Und Kraftwerk sonst so? Einfach genial. Die Auftritte der Band, in der seit dem Jahr 1989 auch der gebürtige Amberger Fritz Hilpert mitspielt, sind rar, Tickets extrem begehrt. In Stuttgart wird einmal mehr klar, wie zeitlos ihr Sound ist. "Tour de France", "Das Model", "Trans Europa Express": Klassiker der Avantgarde, Vorbild für den Elektro-Sound weltweit. Und seit Stuttgart noch ein Stück überirdischer.

Kraftwerk auf dem Stuttgarter Schlossplatz. we
Kraftwerk auf dem Stuttgarter Schlossplatz.
 
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