An einem Vormittag Anfang April 2020 klingelt das Handy von Karin Baumüller-Söder. Die Frau von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sitzt in ihrem Geschäftsführerbüro der Nürnberger Baumüller Gruppe, am anderen Ende der Verbindung ist Winfried Brechmann, der Amtschef des Gesundheitsministeriums, und will mit ihr über Masken-Lieferungen reden. Die beiden kennen sich nicht, sie haben vorher nie miteinander gesprochen. Und trotzdem ruft Brechmann nicht in der Firmenzentrale des Herstellers für elektrische Antriebssysteme an und lässt sich mit Baumüller-Söders Büro verbinden, sondern wählt ihr Handy an. Woher der Spitzenbeamte ihre Nummer hatte, weiß Baumüller-Söder bis heute nicht.
So jedenfalls beteuert sie es vor dem "Masken"-Untersuchungsausschuss des Landtags. Dort soll Baumüller-Söder erklären, wie das abgelaufen ist mit dem letztlich gescheiterten Masken-Geschäft zwischen der Baumüller Gruppe und dem Freistaat Bayern. Es steht die Frage im Raum, ob der Ministerpräsident seine Stellung dazu nutzte, der Firma seiner Frau zu einem lukrativen Staatsauftrag zu verhelfen. Laut Baumüller-Söder war das nicht so. Ihr Mann sei an dem gesamten Vorgang "selbstverständlich nicht beteiligt" gewesen, betont sie. "Wir trennen schon seit Jahren strikt das Unternehmen und das Amt meines Mannes."
Baumüller-Söder: Vorgang an Bruder übergeben
Baumüller-Söder schildert den Sachverhalt so: Nach Aufrufen von Politik und Wirtschaftsverbänden an Unternehmen mit Geschäftskontakten nach China, sich an der Suche nach der im Frühjahr 2020 dringend benötigten Schutzausrüstung zu beteiligen, habe die Baumüller Gruppe erwogen, über ihre Repräsentanz in China Maskenimporte anzuleiern. Dies habe sie ihrem Mann bei einem "morgendlichen Gespräch" erzählt. Es sei das einzige Mal gewesen, dass beide darüber geredet hätten. Einige Tage später sei der Anruf des Amtschefs bei ihr eingegangen. Ob Brechmann die Handy-Nummer über ihren Mann bekommen habe, wisse sie nicht, sie hätten ja nicht mehr über den Vorgang geredet. Sie jedenfalls habe den Vorgang nach dem Telefonat sofort an ihren Bruder Andreas als Mitgeschäftsführer der Firma abgegeben, der die Angelegenheit "operativ übernommen" habe.
Sie selbst sei ab diesem Zeitpunkt nicht mehr eingebunden oder befasst gewesen, ihr Bruder habe alles in eigener Zuständigkeit erledigt. Eine solche Aufgabenteilung sei zwischen ihnen üblich. Darüber gesprochen hätten sie auch nicht mehr. Erst viel später habe sie von ihrem Bruder erfahren, dass das Geschäft nicht zustande gekommen sei. Baumüller-Söder wiederholt diese Aussage im Laufe ihrer Vernehmung bestimmt zehn Mal fast wortgleich, auch wenn sie gar nicht als Antwort auf eine Nachfrage der Abgeordneten passt. Es wirkt so, als ob sie den Satz als Brandmauer zwischen sich und den in der Opposition vorhandenen Vermutungen über eine Patronage ihres Mannes einsetzt.
Widerspruch zu Akten aus dem Ministerium
Allerdings steht ihre Aussage im Widerspruch zu Akten aus dem Gesundheitsministerium, in denen der Kontakt zur Baumüller Gruppe als "hochrangige Verbindung" bezeichnet wird. Die Unterlagen lassen darauf schließen, dass sich Baumüller-Söder doch ins Vergabeverfahren eingeschaltet und auch Kontakt zu Ministeriumsbeamten hatte. Einmal zum Beispiel schlägt die Leiterin der Corona-Taskforce vor, einen Sachverhalt direkt mit Baumüller-Söder zu besprechen. Von ihrem operativ zuständigen Bruder ist in dem Vermerk keine Rede. An einer anderen Stelle notiert ein Beamter den Satz: "Die Familie Söder wird langsam ungeduldig." Baumüller-Söder kann sich an keine diesbezüglichen Gespräche erinnern. "Vielleicht ist da irgendetwas durcheinandergekommen" mutmaßt sie.
Andreas Baumüller bestätigt die Aussagen seiner Schwester vor dem Ausschuss. Er habe das Angebotsverfahren zusammen mit dem Einkaufsleiter der Firma abgewickelt, in den Gesprächen mit Ministerien und Behörden habe er "keinerlei Sonderbehandlung" seines Unternehmens erkennen können. Das von der Baumüller Gruppe abgegebene Angebot zur Lieferung von Schutzmasken sei "wie jedes andere" gewesen. "Man kann es annehmen oder auch nicht", sagte Baumüller. Gescheitert sei es letztlich an fehlenden Qualitätszertifikaten für die in Aussicht gestellten Masken. Der Ausschuss will noch im Oktober versuchen, die zu Tage getretenen Widersprüche aufzuklären. Dazu werden Brechmann und die Taskforce-Chefin noch einmal vor das Gremium geladen.













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