Um ihre selbst gesteckten ehrgeizigen Klimaschutzziele einhalten zu können, setzt die Staatsregierung nun doch auf den Einsatz von Wärmepumpen – allerdings nur bei Neubauten und in gut isolierten Wohnhäusern. "Wir stehen für eine bezahlbare und technologieoffene Wärmewende im Einklang mit den Bürgern", erklärte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) anlässlich der Vorstellung seiner bayerischen Wärmestrategie im Ministerrat. Man dürfe die Menschen bei der energetischen Sanierung ihrer Häuser und der Optimierung ihrer Heizungsanlagen nicht überfordern. Die Maßnahmen müssten schrittweise erfolgen und für die Bürger "nachvollziehbar und bezahlbar" sein. Die im Gebäudeenergiegesetz des Bundes fixierte Vorgabe, wonach mittelfristig nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbarer Energie gespeist werden, lehnte Aiwanger ab.
Mit ihrer Wärmestrategie unterscheide sich die Staatsregierung von der Berliner Ampel, die einseitig vor allem auf die Wärmepumpe setze und dabei regionale Besonderheiten innerhalb Deutschlands völlig außer Acht lasse, erklärte Aiwanger. Im älteren Bestand seien aber oft andere Heizsysteme sinnvoller. Genau diese individuelle Situation müssten die Fachbetriebe vor Ort gemeinsam mit den Hausbesitzern berücksichtigen. Zudem könne die Wärmeversorgung im ländlichen Raum nicht die gleiche sein wie die in den Städten. Die bayerische Strategie nehme dies auf und bekenne sich zu regionalen Stärken wie Geothermie, Biogas und Holz. Der pauschale Ausschluss von Holz als regional verfügbarer Energieträger wäre deshalb "grundfalsch für die gesellschaftliche Akzeptanz der Wärmewende", urteilte Aiwanger.
Ergänzend setzt der Minister auf das Potenzial von Wasserstoff in der künftigen Wärmeversorgung. Für dessen Verteilung könnten dereinst die bestehenden Erdgasnetze verwendet werden. Diese "Infrastruktur mit einem Milliardenwert" dürfe nicht einfach aus dem Boden gerissen werden, zumal sie auch für den Transport von Biomethan genutzt werden könne. Als weiteren Schwerpunkt nannte Aiwanger die Nutzung der Geothermie, die bis 2050 rund 25 Prozent der Heizwärme in Bayern abdecken könne. Im Zuge der kommunalen Wärmeplanung arbeite die Staatsregierung gemeinsam mit Städten und Gemeinden an regional sinnvollen Lösungen.
Ob die von Aiwanger angekündigten Maßnahmen allerdings ausreichen, um Bayern bis 2040 klimaneutral zu machen, wird in Fachkreisen bezweifelt. So gibt eine von Aiwanger bei der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in Auftrag gegebene, gut 200 Seiten starke Energiesystemanalyse für Bayern zahlreiche weitergehende Empfehlungen. Die Gutachter weisen dabei der Wärmepumpe eine "zentrale Rolle" zu und plädieren für einen Ausbau der Fernwärmenetze. Weniger euphorisch äußern sie sich zu den Chancen des Wasserstoffeinsatzes bei der Heizwärme. Selbst im optimistischsten Szenario werde der Wasserstoffanteil an Gebäudeheizungen 2040 bestenfalls bei vier Prozent liegen, realistischer seien dagegen 0,5 Prozent. Zudem müsse der Geothermieausbau deutlich beschleunigt werden, heißt es in der Analyse.
Dass Aiwanger im Altbestand beim Ersatz alter Anlagen auch weiterhin Gas- und Ölheizungen zulassen will, sehen die Gutachter mit Blick auf die Klimaschutzziele kritisch. "Fossil betriebene Heizungen müssen am Ende ihrer Lebenszeit durch klimaneutrale Technologien ersetzt werden", heißt es in ihrer Analyse. Nur so sei es möglich, die Emissionen des bayerischen Gebäudesektors rechtzeitig zu reduzieren. Der Grüne Energiepolitiker Martin Stümpfig hält die Pläne Aiwangers für deutlich zu wenig ambitioniert. Bis 2040 klimaneutral werden zu wollen, aber gleichzeitig alle notwendigen Weichenstellungen des Bundes und der EU dafür abzulehnen, passe nicht zusammen. Mit der Fixierung auf den Wasserstoff im Heizungsbereich schicke die Staatsregierung die Bürger Bayerns "auf die Reise in eine ungewisse Zukunft mit explodierenden Heizkosten", erklärte Stümpfig.
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