Es ist ein gespenstischer Auftritt zur Geisterstunde. Kurz vor Mitternacht tritt in der Debatte zum Schlussbericht des "Masken"-Untersuchungsausschusses Alfred Sauter ans Rednerpult des Landtags. Der Mann und frühere CSU-Abgeordnete, der mit seiner Millionen-Provision für die Vermittlung von Schutzmasken zu Beginn der Corona-Pandemie die Masken-Affäre ausgelöst hat. Vier Minuten hat Sauter als nun Fraktionsloser Redezeit. Er nutzt sie aber nicht für Antworten oder das Eingeständnis, eventuell moralisch fragwürdig gehandelt zu haben, als er aus der damaligen Notsituation persönlichen Profit geschlagen hatte, sondern für gereizte Gegenfragen und harsche Vorwürfe an den Ausschussvorsitzenden, seinen früheren Parteifreund Winfried Bausback. Sauter stilisiert sich als die unberechtigt verfolgte Unschuld vom schwäbischen Lande.
Sauter (72), nach vier Jahrzehnten in der Landespolitik mit allen Wassern gewaschen, tritt üblicherweise mit geradezu aufreizender Lässigkeit auf. Jetzt aber wirkt er aufgewühlt. Um die anfänglichen Versäumnisse des Freistaats bei der Maskenbeschaffung zu kaschieren, habe es offenbar "böse Buben" gebraucht, beginnt er seinen Vortrag. Also Menschen wie ihn, die damals den gänzlich unvorbereiteten Behörden Schutzkleidung vermittelt hätten. "Der Schlussbericht dient nur der Diskreditierung derjenigen, die einen Beitrag dazu geleistet haben, das Beschaffungsproblem zu lösen", urteilt Sauter. Die wahren Verantwortlichen würden nicht erwähnt.
Dann greift er Bausback direkt an. Sauter unterstellt ihm, durch persönlichen Kontakt dafür gesorgt zu haben, dass die Generalstaatsanwaltschaft München gegen ihn ermittelt habe, und das ohne Anfangsverdacht, wie später mehrere Instanzen festgestellt hätten. "Gegen mich hätte nie ermittelt werden dürfen", wütet Sauter. Nichts davon stehe in Bausbacks Bericht. Dann unterbricht ihn Sitzungsleiter Wolfgang Heubisch (FDP), weil die Redezeit abgelaufen ist. Fast weinerlich klagt Sauter: "Da kann sich alles über mich hermachen, aber dann hat man vier Minuten."
Weil vier Abgeordnete Zwischenbemerkungen angemeldet haben, bekommt Sauter weitere Redezeit. Die erste kommt von Bausback. "Ich hatte ja im Ausschuss nicht die Gelegenheit, Fragen zu stellen", hebt er an. Mehrfach war Sauter nämlich vor das Gremium geladen worden, jedes Mal aber berief er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht als Betroffener und sagte nichts. Dabei hätte ihm der Ausschuss gerne mehr als vier Minuten zugehört, wie Bausback betont. Warum die Provisionen an ihn über Liechtenstein an eine GmbH seiner Töchter geflossen seien, will Bausback nun zum Beispiel wissen.
Sauter bleibt die Antworten erneut schuldig. Vielmehr legt er sich mit Bausback an, beide blaffen sich jetzt gegenseitig mit bissigen Kommentaren an. Sauters Augen scheinen Funken zu sprühen. Längst ist seine zusätzliche Redezeit abgelaufen, Heubisch unterbricht ihn deshalb im Disput mit Bausback. "Aber der kann weiter Unwahrheiten verbreiten, oder?", giftet Sauter Richtung Präsidententisch. Auf das Nachhaken von SPD-Fraktionschef Florian von Brunn, ob er bei sich ein moralisches Fehlverhalten sehe und ob er das verdiente Geld zurückzahlen wolle, gibt Sauter auch keine direkte Antwort, sondern eine Rechtfertigung: "Alles, was in dem Zusammenhang an Beträgen geleistet worden ist, ist entweder versteuert oder gespendet."
Und dann ist da noch die Wortmeldung von Gabi Schmidt (Freie Wähler). Sie hätte eine Minute Redezeit. Schmidt sagt aber nur einen Satz: "Herr Sauter, schämen Sie sich!" Der Angesprochene wirkt nicht so, als ob er sich das zu Herzen nehmen wollte. Er schüttelt nur verständnislos den Kopf, mit tief in den Hosentaschen vergrabenen Händen.













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