München
23.05.2023 - 16:28 Uhr

Bayern will Verfassungsklage gegen Erbschaftsteuer einreichen

Die Erbschaftssteuer sorgt weiter für politischen Zündstoff. Nun hat die Staatsregierung eine Verfassungsklage gegen gegen die derzeit geltenden Regeln beschlossen. Die Freien Wähler bleiben bei ihrer Forderung nach einer Abschaffung.

Albert Füracker (CSU), Finanzminister von Bayern, nimmt nach einer Kabinettssitzung an einer Pressekonferenz teil. Bild: Sven Hoppe/dpa
Albert Füracker (CSU), Finanzminister von Bayern, nimmt nach einer Kabinettssitzung an einer Pressekonferenz teil.

Bayern will die aktuell gültigen Regeln der Erbschafts- und Schenkungssteuer kippen. Die Staatsregierung hat dazu das Einreichen einer "abstrakten Normenkontrolle" vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) beschlossen. Auslöser war die Erhöhung der Bewertungsgrundlagen zur Berechnung der Erbschaftssteuer für Immobilien durch die Bundesregierung, die das BVG gefordert hatte. Weil aber die Steuerfreibeträge nicht auch erhöht wurden, kommt dies beim Vererben von Immobilien vor allem in den hochpreisigen Regionen Bayerns einer deutlichen Steuererhöhung gleich. Die Freien Wähler konnten sich regierungsintern mit ihrer Forderung nach einer kompletten Abschaffung der Erbschaftssteuer nicht durchsetzen. Dazu wäre in Bayern auch eine Verfassungsänderung erforderlich.

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Konkret will die Staatsregierung mit ihrer Klage eine Erhöhung der persönlichen Freibeträge, die Senkung der Steuersätze und eine Regionalisierung bei der Erhebung der Steuer durchsetzen. "Wir klagen nicht, dass Superreiche künftig keine Erbschaftssteuer mehr zahlen müssen, wir klagen, um den Schutz des Mittelstands, von Familien und Normalverdienern sowie der bayerischen Heimat zu gewährleisten", begründete Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Vorstoß. Bayern sei wegen der hier höheren Immobilienpreise besonders von den Änderungen betroffen. "Eine Gartenlaube in Miesbach hat mittlerweile den gleichen Wert wie eine Villa in Greifswald", sagte Söder.

"Ausverkauf der Heimat"

Laut Söder wurden die Freibeträge in der Erbschaftssteuer zuletzt 2008 erhöht. Seitdem hätten sich die Immobilien- und Grundstückspreise in Bayern mehr als verdoppelt. In der Folge könnten sich viele Erben die Steuer auf ein geerbtes Haus nicht mehr leisten und müssten verkaufen. Weil dabei vor allem Spekulanten zuschlagen würden, führe dies "letztlich zu einem Ausverkauf der Heimat".

Finanzminister Albert Füracker (CSU) erklärte, es gehe darum, die Freibeträge der Realität anzupassen. Dazu brauche es mindestens deren Verdoppelung, "klüger" wäre nach seiner Einschätzung aber eine Anpassung an die Wertsteigerung von Immobilien seit 2008. Damit würde es gelingen, das Vererben eines durchschnittlichen Einfamilienhauses wieder steuerfrei zu stellen. Durch eine Regionalisierung der Steuersätze bestünde zudem die Möglichkeit, auf regionale Besonderheiten zu reagieren und für weitere Erleichterungen für Unternehmen zu sorgen. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagte, er trage die Entscheidung des Kabinetts mit, "auch wenn mir die Abschaffung der liebste Weg wäre".

Klage steht auf "dünnem Eis"

Nach Einschätzung des Grünen-Finanzpolitikers Tim Pargent steht die Klage der Staatsregierung auf "verfassungsrechtlich dünnem Eis". Sie diene allein der "Stimmungsmache vor der Landtagswahl" und nutze nur einem "reichen Bruchteil" der Gesellschaft. Gleichzeitig schüre die Staatsregierung Ängste in der Mittelschicht, die aufgrund bestehender Ausnahmeregeln gar nicht betroffen sei. "Omas Häuschen bleibt steuerfrei", erklärte Pargent. Mit ihren Plänen agiere die CSU vielmehr als "Schutzpatronin der Millionäre". Die von Füracker genannte Verdoppelung der Freibeträge führe unter anderem dazu, dass Eheleute untereinander Vermögen von bis zu einer Million Euro steuerfrei vererben könnten.

Helmut Kaltenhauser (FDP) warf der Staatsregierung Populismus vor. Söder wende sich gegen ein Gesetz, dem er 2016 als Finanzminister noch zu gestimmt habe. Statt des "Klamauks mit Verfassungsklagen" solle Söder an konstruktiven Lösungen mitwirken. Auch die FDP stehe für eine grundlegende Reform der Erbschaftssteuer, die eine Regionalisierung und höhere Freibeträge beinhalte. Die SPD kritisierte die Stoßrichtung der Regierungsklage. Ungerecht an der Erbschaftssteuer sei vor allem die Schonung großer Vermögen. Es müssten deshalb Schlupflöcher gestopft und Sonderregeln für Großvermögen aufgehoben werden, forderte Florian Ritter (SPD). Martin Böhm (AfD) bezeichnete die Erbschaftssteuer als "Enteignung der Bürger durch die Hintertür". Sie müsse deshalb abgeschafft werden.

 
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