Der bayerische Städtetag schlägt wegen einer sich dramatisch zuspitzenden Finanzlage der Kommunen Alarm. "Die Situation hat eine Wucht und Dynamik, wie wir das bisher nicht gekannt haben", sagte der Städtetagsvorsitzende Markus Pannermayr (CSU) auf einer Pressekonferenz in München. Für 2024 würden die meisten Städte einen genehmigungsfähigen Haushalt "unter Ausschöpfen der letzten Reserven" wohl noch hinbekommen, ab 2025 sei das aber nicht mehr gesichert. Viele Kommunen rutschten finanziell zusehends in eine "bedrohliche Schieflage". Pannermayr appellierte an die Bundes- und Landespolitik, sich des Problems der Kommunalfinanzen "ehrlich zu stellen". Die kommenden Monate müssten genutzt werden, um die richtigen Weichen zu stellen.
Laut Pannermayr geraten die Kommunen sowohl auf der Einnahmen- wie der Ausgabenseite massiv unter Druck. Durch sinkende Steuereinnahmen, aber auch Steuerentlastungen, die sich negativ auf die Kommunalfinanzen auswirkten, fehle es an den Mitteln, um die stark gestiegenen Ausgaben aufzufangen. Pannermayr nannte nicht nur höheren Energie- und Baupreise sowie Zinsen und Personalkosten, sondern auch Mehrausgaben für Krankenhäuser, Kitas, Jugendhilfe, Sozial- und Asylleistungen und das Wohngeld. In seiner Heimatstadt Straubing hätten sich die Aufwendungen dafür in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, ohne dass Einnahmen oder staatlichen Zuwendungen in gleichem Maß gestiegen wären.
Als absehbare Auswirkungen der Finanzmisere nannte Pannermayr das Einschränken kommunaler Investitionen und den Verzicht auf freiwilligen Leistungen zum Beispiel in der Kultur- oder Sportförderung. Zudem könnten die Erwartungen der Bürger beim Klimaschutz oder der Kinderbetreuung nicht erfüllt werden. Pannermayr kündigte an, die Probleme bei den anstehenden Verhandlungen mit dem Freistaat über den kommunalen Finanzausgleich einzubringen. "Wir brauchen hier einen stärkeren Aufwuchs bei den Zuwendungen", betonte er. Zudem müssten Bund und Land endlich vollständig für auf die Kommunen übertragene Leistungen aufkommen, auch für die davon ausgelösten Personalkosten. Als Beispiele nannte er die Wohngeldreform und die Kindergrundsicherung.
Pannermayr gestand ein, dass auch die Haushalte von Bund und Ländern ihre Grenzen hätten. Deshalb brauche es eine ehrliche Debatte in der Gesellschaft, welche Leistungen Staat und Kommunen in Zukunft noch unbedingt erbringen müssten. "Wir müssen die Ausgaben an das anpassen, was wir uns leisten können", sagte er. Politische Entscheidungsträger werden aus Pannermayrs Sicht gezwungen sein, sich künftig verstärkt auf das Wesentliche zu fokussieren. Zudem brauche es endlich einen wirksamen Abbau von Bürokratie und Vorschriften. Dies sei allein schon wegen des sich abzeichnenden Fachkräftemangels auch in den Kommunalverwaltungen unerlässlich. Bei politischen Vorhaben forderte Pannermayr mehr Realitätssinn. "Den Kita-Ausbau und den Rechtsanspruch auf Ganztag werden wir nicht hinbekommen. Nicht weil wir es nicht wollen, sondern weil uns das Personal dafür fehlen wird", erklärte er. Um spätere Enttäuschungen zu vermeiden, müsse man den Bürger "reinen Wein einschenken".
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